Leitsatz (amtlich)
Ein berechtigtes Auskunftsinteresse des Kindesvaters, der derzeit keinen Kontakt zu seinen Kindern hat, besteht nicht für zurückliegende Zeiträume, in denen Kontakt stattfand und in denen er die jetzt gewünschten Informationen (hier zu schulischen Leistungen) in Gesprächen mit den Kindern hätte erlangen können.
Hinsichtlich des Umfangs des Auskunftsanspruches ist das Alter des Kindes zu berücksichtigen. Die Entscheidung des Kindes zur selbstbestimmten Informationsweitergabe aus dem Bereich höchstpersönlicher Angelegenheiten wie Gesundheitszustand und persönliche Interessen ist zu respektieren, wenn das hier 15 Jahre alte Kind nach dem in der Anhörung gewonnenen Eindruck ausreichende Reife und Selbstbestimmungsfähigkeit aufweist; hierdurch wird das Bestimmungsrecht des Personensorgeberechtigten eingeschränkt, Informationen über höchstpersönliche Angelegenheiten des Kindes weiterzugeben.
Normenkette
BGB § 1686
Verfahrensgang
AG Aachen (Beschluss vom 12.12.2014; Aktenzeichen 221 F 197/14) |
Tenor
I. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Aachen vom 12.12.2014 - 221 F 197/14 - wird auf die Beschwerde des Antragstellers und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefassst:
1. Der Antrag auf Regelung des Umgangs des Antragstellers mit den Kindern I, B und B2 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, zweimal jährlich und zwar jeweils bis zum 15.3. und 15.9. eines jeden Jahres schriftlich Auskunft über die gemeinsamen Kinder B und B2 wie folgt zu erteilen:
a) über die Entwicklung der Kinder durch eine Darstellung der gesundheitlichen Entwicklung, der Freizeitinteressen, der Feriengestaltung und der schulischen Situation sowie durch die Überlassung des jeweils letzten Zeugnisses in Kopie.
b) durch Überlassung der Schuljahresabschlusszeugnisse für 2014 und 2015 sowie der Halbjahreszeugnisse für 2015 und 2016 in Kopie; die Übersendung hat mit der ersten Auskunftserteilung im September 2016 zu erfolgen.
3. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft über die schulischen Leistungen des Kindes I zu erteilen:
a) durch Überlassen des jeweiligen letzten Schulzeugnisses in Kopie zweimal jährlich und zwar jeweils bis zum 15.3. und 15.9. eines jeden Jahres.
b) durch Überlassen der Schuljahresabschlusszeugnisse in Kopie für 2014 und 2015 sowie der Halbjahreszeugnisse für 2015 und 2016; die Übersendung hat mit der ersten Auskunftserteilung im September 2016 zu erfolgen.
Der Antragsgegnerin ist es gestattet, auf den Kopien der Schulzeugnisse für I die Angaben über Fehlzeiten unkenntlich zu machen.
4. Die Kindesmutter soll sich zur Erfüllung der Auskunftsverpflichtung der Hilfe des zuständigen Jugendamts bedienen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kindeseltern jeweils hälftig.
Gründe
I. Die Beteiligten, die marokkanischer Herkunft sind, sind die Eltern der im Rubrum genannten Kinder. Der 1952 geborene Antragsteller und die 1978 geborene Antragsgegnerin heirateten zu einem nicht aktenkundigen Zeitpunkt. Sie trennten sich Mitte 2005, als die jüngste Tochter erst einige Monate alt war. Die Trennung ging von der Ehefrau aus. In der Folgezeit gab es heftige Konflikte zwischen den Eltern um die Kinder, die fortan bei der Kindesmutter lebten. Es wurden mehrere gerichtliche Umgangsverfahren durchgeführt, es wurden Umgangspflegschaften angeordnet, ohne jedoch einen kontinuierlichen Umgang der Kinder mit dem Kindesvater sicherstellen zu können, wofür sich die Eltern wechselseitig die Verantwortung gaben. Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Aachen vom 24.7.2008 - 21 F 375/05 -wurde der Kindesmutter die elterliche Sorge zur alleinigen Ausübung übertragen. Mit Urteil des AG - Familiengericht - Aachen vom 25.8.2008 - 21 F 228/06 - wurde die Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin geschieden. Im Jahr 2010 erkrankte der Sohn B an Diabetis Typ 1. In der Folgezeit war er auch in Behandlung bei dem Kinder- und Jugendpsychotherapeut Herr T. Im Rahmen dieser Behandlung äußerte B, der ebenso wie seine Geschwister seit 2006 nahezu keinen Umgang mit dem Kindesvater hatte, dass er seinen Vater regelmäßig sehen möchte. Darauf hin regte der Therapeut des Kindes entsprechende Kontakte an. Anfang Januar 2014 kam es zu einem ersten Treffen des Kindesvaters mit den gemeinsamen Kindern in B3. Diese Treffen wurden mehrfach wiederholt. Am 9.4.2014 kam es zwischen dem Kindesvater und B, der zu diesem Zeitpunkt vollstationär in einem Krankenhaus behandelt wurde, zu einem Telefonat, anlässlich dessen der Antragsteller Kenntnis von einer erneuten Eheschließung der Kindesmutter erlangte. Es kam zu wechselseitigen Beleidigungen der Kindeseltern untereinander, wobei streitig ist, von wem die verbalen Entgleisungen ausgingen. Seit dem hat es keinen Umgang des Kindesvaters mit den Kindern mehr gegeben.
Anfang Juni 2014 hat der Kindesvater beim Familiengericht die Regelung von Umgangskontakten mit den Kindern beantragt. In der Folgezeit hat er mit einem...