Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Pflichten des Verwalters bei komplizierten Instandsetzungen des Gemeinschaftseigentums mit Folgeschäden in einzelnem Sondereigentum
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Geltendmachung einer Schadensersatzforderung gegen den Verwalter wegen am Sondereigentum eingetretener Schäden bedarf der betroffene Wohnungseigentümer keiner Ermächtigung der Gemeinschaft.
2. Eine dem Verwalter für seine Tätigkeit durch Beschluß erteilte Entlastung berührt den Schadensersatzanspruch des Wohnungseigentümers nicht.
3. Die Pflicht des Verwalters zur Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums und Instandsetzung beschränkt sich bei Baumängeln darauf, diese festzustellen, die Wohnungseigentümer darüber zu unterrichten und deren Entscheidung über die weiteren Schritte herbeizuführen. Aus eigenem Recht ist er nicht befugt, einen Sachverständigen zu bestellen und umfassende Sanierungsmaßnahmen in Auftrag zu geben.
4. Haben der Verwalter und der geschädigte Wohnungseigentümer hinsichtlich der Baumängel den gleichen Kenntnisstand, so obliegt es letzterem, einen Beschluß der Gemeinschaft zur Feststellung der Ursache der Mängel und zu deren Beseitigung rechtzeitig herbeizuführen.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 1, 5 Nr. 2, § 27 Abs. 1 Nr. 2
Beteiligte
Rechtsanwälte B, Dr. B, K, A und R. B |
Rechtsanwälte Sch, Dr. K, W, Dr. R, M, Dr. L, P, B, Dr. K, Dr. K, G, R, M, R, Dr. M, C und S |
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 2 T 9/96) |
AG Bocholt (Aktenzeichen 5 II 517/95) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung abgeändert.
Die sofortige Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) vom 08. März 1996 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Bocholt vom 13. Februar 1996 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der Erstbeschwerde und des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt die Beteiligte zu 1).
Außergerichtliche Kosten werden in beiden Beschwerdeinstanzen nicht erstattet.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 25.700,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1) ist Eigentümerin eines Miteigentumsanteils von 400/10000 verbunden mit dem Teileigentum an dem Ladenlokal D 3 im Erd- und Untergeschoß der eingangs genannten und in den 80er Jahren errichteten Wohnungseigentumsanlage. Die Beteiligte zu 2) ist die Verwalterin.
Die Geschäftsflächen des Ladenlokals der Beteiligten zu 1) befinden sich in 3 Ebenen, und zwar in der Eingangsebene und zusätzlich in zwei verschobenen Geschossen an der Nordseite des Gebäudes. Das untere Geschoß ist in den Straßenraum hineingeschoben. Die Deckenkonstruktion dieses Bereiches besteht zum Teil aus einem begehbaren Flachdach (Laubengang), zum Teil aus einer Schrägverglasung. Das Ladenlokal ist seit dem 01.12.1992 vermietet.
Bereits im März 1992 traten Durchfeuchtungsschäden unterhalb des Flachdaches im Bereich des Untergeschosses der Geschäftsräume auf und wurden der Beteiligten zu 2) gemeldet. Die Beteiligte zu 2) schaltete den bei der Erstellung des Gebäudes tätigen Dachdeckermeister … ein, der nach Aufnahme von Bodenplatten die Schadensursache in der undichten Schrägverglasung sah. Hierüber wurden die Eigentümer in der Eigentümerversammlung vom 13.07.1992 unterrichtet. Wegen einer neuen Schadensmeldung wurden von dem Dachdeckermeister … die Dichtungsfugen des Flachdaches erneuert und mit Repaband abgedeckt. Auch erfolgte eine Abdichtung der Schrägverglasung. Trotzdem kam es in der Folgezeit zu weiteren Durchfeuchtungsschäden. Das veranlaßte die Mieterin der Beteiligten zu 1) nach Rüge dieser Schäden im Juni 1993, ab Juli 1993 die Miete um 20 % zu kürzen.
In der nicht beschlußfähigen Eigentümerversammlung vom 06.07.1993 und in der Wiederholungsversammlung vom 07.09.1993 wurden die Eigentümer von der Beteiligten zu 2) erneut über die Undichtigkeiten unterrichtet. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, daß nach erfolgreicher Schadensbeseitigung eine geänderte Aluabdeckung vorgesehen sei, damit bei nicht auszuschließender altersbedingter neuer Rißbildung in den Dehnungsfugen ein zukünftiger Wassereintritt ausgeschlossen werde.
Mit am 12.10.1993 zugestellter Klageschrift vom 26.08.1993 nahm die Beteiligte zu 1) ihre Mieterin auf Zahlung des einbehaltenen Mietzinsen in Anspruch … Sie stellte sich auf den Standpunkt, daß die Feuchtigkeitsschäden bis Mitte Juni 1993 von der genannten Dachdeckerfirma beseitigt worden seien. Daran hielt sie auch im Schriftsatz vom 29.11.1993 fest.
Durch Beschluß vom 30.11.1993 ordnete das Amtsgericht in dem vorgenannten Rechtsstreit die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. und Architekten … u. a. zu der Frage an, ob ggf. festzustellende Feuchtigkeitsschäden darauf zurückzuführen seien, daß der Laubengang nicht ordnungsgemäß abgedichtet sei.
In der Eigentümerversammlung vom 03.02.1994 wurden die Miteigentümer erneut davon unterrichtet, daß die eigentliche Schadensursache noch nicht gefunden worden sei und deshalb die abschließenden Arbeiten zur dauerhaften Schadensb...