Leitsatz (amtlich)
Aus unterhaltsrechtlicher Sicht (§ 1603 Abs. 2 BGB) ist der Verpflichtete gehalten, seinen Schritt in die Selbstständigkeit erst dann zu verwirklichen, nachdem er durch Bildung von Rücklagen oder Aufnahme von Krediten sichergestellt hat, dass er seine Unterhaltsverpflichtung den Kindern ggü. auch in der Gründungsphase selbst bei verringertem Einkommen erfüllen kann.
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Ahlen (Aktenzeichen 16 F 117/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers vom 3.12.2002 gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des AG Ahlen vom 15.11.2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Die am 19.4.1990 geborenen Beklagten N. und O.M. sind die leiblichen Söhne des am 11.12.1957 geborenen Klägers aus seiner geschiedenen Ehe mit der Kindesmutter, der gesetzlichen Vertreterin der Kinder, in deren Haushalt die Kinder leben.
Der wiederverheiratete Kläger ist gelernter Zahntechniker ohne qualifizierten Berufsabschluss. Er hat bis 1987 mehrere Jahre in diesem Beruf gearbeitet und war anschließend als kaufmännischer Angestellter zunächst bei der Fa. P.-J. und sodann nach Verlust seiner dortigen Arbeitsstelle im Betrieb seiner zweiten Ehefrau tätig. Das letztgenannte Arbeitsverhältnis endete zum 28.2.2002, nachdem die Ehefrau des Klägers am 15.2.2002 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte. Der Kläger übernahm daraufhin einen Grillimbiss in H., den er seit dem 1.3.2002 in eigener Regie betreibt.
Der Kläger ist zunächst durch Urteil des AG Ahlen vom 16.6.2000 (16 F 41/00) zur Unterhaltszahlung an die Beklagten verurteilt worden. Durch Beschlüsse des AG Ahlen vom 7.5.2001 (16 FH 42/01 und 16 FH 43/01) ist das genannte Urteil gem. § 655 ZPO i.V.m. Art. 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts dahin abgeändert worden, dass der Unterhaltsanspruch der Kinder ab dem 1.3.2001 jeweils 100 % des jeweiligen Regelbetrages der 2. Altersstufe, ab dem 1.4.2002 jeweils 100 % des jeweiligen Regelbetrages der 3. Altersstufe beträgt, wobei auf den Unterhalt das hälftige Kindergeld für ein erstes gemeinsames Kind anzurechnen ist, soweit hierdurch nicht 135 % des Regelbetrages abzgl. hälftiges Kindergeld für ein erstes gemeinsames Kind unterschritten werden.
Mit seiner Klage, für deren Erhebung der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt hat, erstrebt der Kläger in Abänderung der vorgenannten Beschlüsse eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auf einen Betrag von monatlich je 76,22 Euro. Er trägt zur Begründung vor, aus seiner selbstständigen Tätigkeit in den Monaten März und April 2002 lediglich ein monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen von 992,43 Euro erzielt zu haben, das damit aber dem Einkommen entspreche, das er mangels abgeschlossener Berufsausbildung allenfalls erzielen könne. Dass er sich selbstständig gemacht habe, sei daher auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Das AG hat dem Prozesskostenhilfegesuch nur teilweise stattgegeben und dem Kläger unter Zurückweisung seines weitergehenden Antrags nur insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt, als er für die Zeit von Juni–Dezember 2002 in Abänderung der bestehenden Unterhaltstitel eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auf monatliche Beträge von je 76,22 Euro verlangt. Es hat zur Begründung ausgeführt, es sei zwar nicht zu beanstanden, dass der Kläger zur langfristigen Sicherstellung seiner Leistungsfähigkeit eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen habe. Nach Vorliegen der betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die ersten 6 Monate seiner Tätigkeit sei indes klar zu erkennen, dass mit dem Betrieb kein ausreichender Gewinn erwirtschaftet werden könne, weshalb der Kläger verpflichtet gewesen sei, den Betrieb einzustellen und sich eine abhängige Beschäftigung zu suchen, die er bei angemessenem Bemühen bis Anfang 2003 hätte finden können.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der das AG nicht abgeholfen hat.
II. Die nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige, frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Das AG hat hinreichende Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung i.S.d. § 114 ZPO im Umfang der Zurückweisung des Prozesskostenhilfegesuchs des Klägers i.E. zu Recht verneint. Auf der Grundlage des bisherigen Vortrags des Klägers kann – wenn auch aus anderen als den vom AG angenommenen Gründen – nicht von einer fehlenden oder auch nur eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten im Zeitraum ab Januar 2003 ausgegangen werden.
Ob dem Kläger entspr. der vom AG vertretenen Auffassung nach einer nur 6-monatigen Phase der Selbstständigkeit bereits angesonnen werden kann, diese wegen bislang unzureichender, seine Leistungsfähigkeit insb. nicht hinreichend sicherstellender Einkünfte wieder aufzugeben, erscheint zweifelhaft (vgl. hierzu auch BGH v. 12.5.1993 – XII ZR 24/92, MDR 1993, 982 = FamRZ 1993, 1055 [1056] unter Hinweis auf BGH v. 21.7.1987 – IVb ZR 94/85, FamRZ 1987, 372 [374]), da na...