Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Begründung der Entscheidung, von der Verhängung eines Regelfahrverbotes absehen zu wollen.
Verfahrensgang
AG Meschede (Entscheidung vom 27.11.2002) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Meschede zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Meschede wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 250, - EUR verurteilt worden. Von der Verhängung eines Fahrverbots hat das Amtsgericht abgesehen.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
"Die Betroffene ist als selbständige Fahrzeugbauerin tätig.
Straßenverkehrsrechtlich ist sie bislang nicht in Erscheinung getreten.
Am 27. 02. 2002 gegen 12. 31 Uhr befuhr die Betroffene mit ihrem Pkw, amtliches Kennzeichen XXXXXXXXXX, die B 55 in Eslohe-Nichtinghausen in Fahrtrichtung Meschede. In dem betreffenden Bereich ist eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h angeordnet. In diesem Gebiet wurde am 27. 02. 2002 eine Geschwindigkeitsmessung mittels des Messgeräts Multanova 6 F durchgeführt. Dabei wurde eine Geschwindigkeit der Betroffenen abzüglich des Toleranzwertes von 91 km/h festgestellt. Es ergibt sich damit eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 41 km/h. "
Das Amtsgericht hat die Betroffene, die den Verstoß eingeräumt hat, wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO für schuldig befunden.
Den Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht wie folgt begründet:
"Der Bußgeldkatalog sieht in Ziffer 11. 3. 7 für eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 41 - 50 km/h eine Geldbuße in Höhe von 100 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot vor.
Unter den Voraussetzungen von § 4 Abs. 4 BKatV kann von der Verhängung eines Fahrverbots unter gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße abgesehen werden, wenn erhebliche Härten und eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher oder durchschnittlicher Umstände vorliegen, die trotz der groben Pflichtverletzung die Verhängung des Fahrverbotes unangemessen erscheinen lassen. Eine solche unangemessene Härte durch die Verhängung eines Fahrverbotes ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Betroffene hat glaubhaft gemacht, dass sie als selbständige Fahrzeugbauerin zur Wahrnehmung auswärtiger Termine insbesondere bei der Kundenaquisition und bei Vertragsgesprächen dringend auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen ist. Sie hat glaubhaft gemacht, aufgrund der geringen Personaldecke in ihrem Betrieb nicht in der Lage zu sein, sich für die Fahrten zu den verschiedenen Terminen eines Angestellten zu bedienen. Sie hat auch glaubhaft gemacht, dass dies nicht durch Familienangehörige möglich ist. Sie hat des weiteren glaubhaft angegeben, dass sie sich bei der Fahrt auf einem besonders wichtigen Kundenbesuch befunden hat, bei dem es darum ging, einen Auftrag, der die Auslastung des Betriebes für das nächste halbe Jahr absichern sollte, zu erlangen. Sie hat angegeben, aufgrund dessen kurzzeitig in Gedanken nicht konzentriert genug auf ihre Geschwindigkeit geachtet zu haben. Des weiteren ist zu Gunsten der Betroffenen zu berücksichtigen, dass sie die Schwelle von 41 km/h bei der nach dem Bußgeldkatalog außerorts ein Fahrverbot in Betracht kommt, gerade erreicht hatte. Aufgrund all dieser Umstände erschien es ausnahmsweise gerechtfertigt, unter gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen, zumal die Betroffene keine Vorbelastungen aufweist und davon auszugehen ist, dass sie sich die bloße Verurteilung auch ohne Verhängung eines Fahrverbotes zur Warnung dienen lässt. "
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg, mit der sie eine Verletzung materiellen Rechts rügt und sich insbesondere gegen das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes wendet. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde unter ergänzenden Ausführungen beigetreten.
Die zulässige und wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch. Die Entscheidung des Amtsgerichts über das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Zwar unterliegt die Entscheidung, ob trotz Vorliegens eines Regelfalls der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und demgemäss von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden kann, in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (vgl. BGH NZV 1992, 286, 288). Dem Tatrichter ist jedoch insoweit kein rechtlich ungebundenes, freies Ermessen eingeräumt, das nur auf Vorliegen von Ermessensfehlern hin vom Rechtsbeschwe...