Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Auslieferung zur Strafvollstreckung wegen unerträglich harter Strafe
Leitsatz (amtlich)
Die Auslieferung eines Verfolgen in die Türkei zur Vollstreckung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 29 Jahren und 8 Monaten wegen insgesamt 7 zum Teil schweren und im Alter von 18 Jahren und 3 Monaten innerhalb eines Zeitraums von 2 Wochen begangenen Diebstahlstaten (Motorraddiebstähle) ist trotz der Möglichkeit einer bedingten Entlassung nach 2/3-Verbüßung nach § 73 IRG unzulässig, weil eine solche Strafe unerträglich hart erscheint.
Normenkette
IRG § 73; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1
Tenor
1.
Die Auslieferung des Verfolgten in die Republik Türkei zur Strafvollstreckung wegen der ihm in dem Haftbefehl der Oberstaatsanwaltschaft in Adiyaman vom 13. November 2013 (Aktenzeichen: 2012/3341) in Verbindung mit dem Urteil des 1. Amtsgerichts Adiyaman, Abteilung Strafsachen, vom 11.05.2011 (Aktenzeichen: 2010/219, Urteilnummer 2011/348) und dem "sonstigen Urteil" des 1. Amtsgerichts Adiyaman, Abteilung Strafsachen, vom 06.06.2013 (Urteilnummer 2013/223) zur Last gelegten Taten ist unzulässig.
2.
Der mit Schriftsatz von Rechtsanwalt B in D vom 12. Februar 2014 gestellte Antrag, dem Verfolgten als Beistand beigeordnet zu werden, ist damit gegenstandslos.
Gründe
I.
Die türkischen Behörden ersuchen mit auf diplomatischem Wege übermittelten Auslieferungsunterlagen um die Auslieferung des Verfolgten zur Strafvollstreckung auf der Grundlage des Haftbefehls der Oberstaatsanwaltschaft in Adiyaman vom 13. November 2013 (Aktenzeichen: 2012/3341).
Diesem Haftbefehl liegt das Urteil des 1. Amtsgerichts Adiyaman, Abteilung Strafsachen, vom 11.05.2011 (Aktenzeichen: 2010/219, Urteilnummer 2011/348) in Verbindung mit dem "sonstigen Urteil" des 1. Amtsgerichts Adiyaman, Abteilung Strafsachen vom 06.06.2013 (Urteilnummer 2013/223) zugrunde, durch das der Verurteilte wegen Diebstahls im besonders schweren Fall in fünf Fällen, Diebstahls in zwei Fällen und Sachbeschädigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 26 Jahren und 44 Monaten verurteilt worden ist, die er bis auf 106 Tage Untersuchungshaft noch vollständig zu verbüßen hat. Dieser Gesamtfreiheitsstrafe liegen folgende Einzelfreiheitsstrafen zugrunde: Dreimal 5 Jahre 10 Monate, zweimal 5 Jahre, 3 Jahre 6 Monate, 3 Jahre sowie zweimal 4 Monate. Zu Gunsten des Verurteilten soll bei der Strafverbüßung eine Strafminderung im Verhältnis von einem Drittel vorgenommen werden, so dass er "bei vorgesehenem Haftbeginn ab dem 12.06.2013 nach der Vollstreckung am 24.11.2032 zum bedingten Straferlass berechtigt" sei.
Mit dem Urteil vom 11. Mai 2011 werden dem Verfolgten folgende Straftaten vorgeworfen:
1.
Am 10. April 2010 entwendete er gemeinsam mit dem gesondert verfolgten F das auf der Straße unverschlossen abgestelltes Motorrad des Geschädigten L2.
2.
Im Zeitraum zwischen dem 28. März und dem 12. April 2010 entwendete der Verfolgte ebenfalls mit dem gesondert verfolgten F das zu dieser Zeit verschlossene Motorrad des Geschädigten V.
3.
Am 12. April 2010 entwendete der Verfolgte gemeinsam mit dem gesondert verfolgten C das an einer Straße abgestellte, abgeschlossene Motorrad des Zeugen X, indem sie das Lenkradschloss aufbrachen und dadurch beschädigten.
4.
Am selben Tag entwendeten der Verfolgte und der gesondert verfolgte C durch Aufbrechen des Lenkradschlosses das verschlossene Motorrad des Geschädigten H, dass ebenfalls an einer Straße abgestellt war.
5.
Bereits am 28. März 2010 entwendete der Verfolgte ferner gemeinsam mit dem gesondert verfolgten C das Motorrad des Geschädigten W, dass in unverschlossenem Zustand an der Straße stand.
6.
Am selben Tag entwendete der Verfolgte zusammen mit dem gesondert verfolgten C das Motorrad des Geschädigten H2, dass in verschlossenem Zustand an einer Straße stand.
7.
Ebenfalls am selben Tag entwendete der Verfolgte zusammen mit dem gesondert verfolgten C das Motorrad des Geschädigten L, dass in verschlossenem Zustand an einer Straße stand.
Die ihm vorgeworfenen Taten hat der Verfolgte bei seiner Vernehmung bei dem Amtsgericht für Strafsachen Adiyaman eingeräumt.
Bei der Verkündung des Urteils am 11. Mai 2011 war der in der Hauptverhandlung nicht durch einen Verteidiger vertretene Verfolgte nicht anwesend.
Der Verfolgte befindet sich seit dem 19. November 2013 in anderer Sache in Untersuchungshaft aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund (Az. 712 GS 312/13 = 123 Js 777/13 StA Dortmund) vom 20. November 2013.
Anlässlich seiner Anhörung zum Auslieferungsersuchen durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Bochum am 3. Februar 2014 hat der Verfolgte geäußert, dass er sich an keine Verurteilung in der Türkei erinnern könne und er auf keinen Fall in die Türkei ausgeliefert werden wolle.
Mit Zuschrift vom 6. Februar 2014 hat die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm beantragt, die Auslieferung des Verfolgten in die Republik Türkei zur Strafvollstreckung für unzulässig zu erklären.
II.
Da sich der Verfolgte mit seine...