Verfahrensgang
AG Bielefeld (Entscheidung vom 24.01.2022) |
LG Bielefeld (Aktenzeichen 14 Ns 22/22) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Strafrichter - Bielefeld hat den Angeklagten am 24. Januar 2022 wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Zudem hat es das sichergestellte Taschenmesser eingezogen.
Zu der Berufungshauptverhandlung am 6. Dezember 2022 war der Angeklagte nicht erschienen. Die gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Berufung des Angeklagten hat die 14. kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld daher mit Urteil vom 6. Dezember 2022 gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Nach den schriftlichen Urteilsgründen sei der Angeklagte zu der Berufungshauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung nicht erschienen und habe sich auch nicht in zulässiger Weise vertreten lassen. Zwar sei der Rückschein der Ladung des Angeklagten nicht zur Akte gelangt, so dass eine ordnungsgemäße Ladung nicht nachgewiesen werden könne. Jedoch habe der Verteidiger in der Hauptverhandlung angegeben, dass der Angeklagte Kenntnis vom Termin gehabt habe. Der Angeklagte sei auch durch eine vorangegangene Ladung auf die Folgen eines unentschuldigten Ausbleibens hingewiesen worden. Soweit der Angeklagte durch seinen Verteidiger habe vortragen lassen, er habe unterwegs bemerkt, dass mit seinem Fahrzeug etwas nicht stimme, weswegen er schließlich auf einem Parkplatz bei K. angehalten habe und auf den Abschlepp- und Pannendienst warte, könne ihn dies nicht entschuldigten. Die Behauptungen des Angeklagten über seinen Verteidiger seien durch nichts substantiiert gestützt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die schriftlichen Urteilsgründe Bezug genommen.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 13. Dezember 2022 hat der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und für den Fall der Verwerfung des Antrags gleichzeitig Revision eingelegt.
Das Wiedereinsetzungsgesuch hat der Vorsitzende der 14. kleinen Strafkammer mit Beschluss vom 9. Januar 2023 als unzulässig verworfen.
Gegen den Beschluss vom 9. Januar 2023 hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 16. Januar 2023 sofortige Beschwerde eingelegt.
Mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 16. Januar 2023 hat der Angeklagte die Revision begründet. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und führt zusammengefasst aus, er sei nicht ordnungsgemäß zur Berufungshauptverhandlung geladen worden. Damit sei nicht die Unkenntnis vom Berufungshauptverhandlungstermin selbst gemeint, sondern seine fehlende Belehrung über die Folgen seines Ausbleibens in der Berufungshauptverhandlung. Zudem stelle das Gericht zu hohe Anforderungen an die Voraussetzungen einer genügenden Entschuldigung.
Mit Beschluss vom 14. März 2023 hat der Senat die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 9. Januar 2023 als unbegründet verworfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die gemäß § 333 StPO statthafte und auch ansonsten form- und fristgerechte eingelegten Revsion des Angeklagten hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einer andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld.
Die hier den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO noch genügende Verfahrensrüge, der Angeklagte sei zur Berufungshauptverhandlung nicht ordnungsgemäß geladen worden, weil er nicht über die Folgen seines Ausbleibens belehrt worden sei, greift durch.
Voraussetzung für die Anwendung des § 329 Abs. 1 StPO ist das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Ladung. Eine solche liegt u.a. nur dann vor, wenn ein Angeklager in ihr auf die Folgen des Ausbleibens im Hauptverhandlungstermin ausdrücklich hingewiesen worden ist, § 323 Abs. 1 Satz 2 StPO (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Auflage, § 329, Rdnr. 10). Hieran fehlt es.
Ausweislich der Urteilsgründe ist der Rückschein der Ladung des Angeklagten in Polen nicht zur Akte gelangt. Soweit die Kammer in diesem Zusammenhang ausführt, dass der Angeklagte dennoch auch auf die Folgen eines unentschuldigten Ausbleibens hingewiesen worden sei, weil ihm eine entsprechende Belehrung im Rahmen der Ladung zu dem für den 3. November 2022 anberaumten Termin zur Berufungshauptverhandlung, der aufgrund einer Erkrankung des Angeklagten verlegt worden sei, zugestellt worden sei, mag dies zwar in tatsächlicher Hinsicht zutreffend sein. Allerdings reicht ein in einer früheren Ladung erteilter Hinweis verfahrensrechtlich grundsätzlich nicht aus. Denn schon dem Wortlaut des § 323 Abs. 1 Satz 2 StPO lässt sich entnehmen, dass dem dort festgelegten Erfordernis nur dann genügt ist, wen...