Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßregel. Sicherungsverwahrung. Anhörung. Videokonferenz
Leitsatz (amtlich)
Gemäß § 463e Abs. 1 Satz 3 StPO muss ein Sicherungsverwahrter grundsätzlich persönlich angehört werden, auch wenn dieser in den Einsatz von Videotechnik einwilligt. Ausnahmsweise ist eine Anhörung im Wege der Videokonferenz dann zulässig, wenn im Sinne bestmöglicher Sachaufklärung ausgeschlossen ist, dass durch eine Anhörung in persönlicher Anwesenheit bessere Erkenntnisse erzielt werden können, sich der Sicherungsverwahrte nicht lediglich erst während seiner Anhörung mit dem Einsatz der Videotechnik bereit erklärt, sondern der Einsatz der Videotechnik ohne Veranlassung des Gerichts auf einen von ihm selbst bereits vor dem Anhörungstermin geäußerten Wunsch zurückgeht und er sich im Rahmen des Anhörungstermins auch tatsächlich äußern kann.
Normenkette
StPO § 463e
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen V-1 StVK 140/21) |
LG Leipzig (Entscheidung vom 24.01.2007) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Leipzig vom 24. Januar 2007, rechtskräftig seit dem 07. August 2007, wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit sexueller Nötigung und mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Daneben wurde die Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Sicherungsverwahrung wird seit dem 19. Januar 2012 - zunächst bis zum 30. November 2012 in einer Entziehungsanstalt - vollstreckt.
Der Beschwerdeführer richtet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen den Fortdauerbeschluss des Landgerichts Arnsberg vom 08. November 2022.
Die Strafvollstreckungskammer hatte vor Erlass des angefochtenen Beschlusses zunächst einen Anhörungstermin auf den 12. Oktober 2022 anberaumt. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer bereits von der Justizvollzugsanstalt D. in die Justizvollzugsanstalt B. verlegt worden. Letztere hatte jedoch nicht rechtzeitig Kenntnis von dem Termin erhalten, so dass eine Vorführung bzw. Überstellung des Beschwerdeführers, der erklärt hatte, er wolle an dem Anhörungstermin teilnehmen, nicht mehr rechtzeitig veranlasst werden konnte. Deshalb war der Anhörungstermin auf den 08. November 2022 verlegt worden.
Mit Schreiben seines Verteidigers vom 26. Oktober 2022 ließ der Beschwerdeführer jedoch mitteilen, er möge nicht zum Anhörungstermin nach D. verschubt werden. Es werde beantragt, ihn per Videokonferenz teilnehmen zu lassen. Auch die JVA B. ließ telefonisch mitteilen, dass sich der Beschwerdeführer "zur Videokonferenz bereit" erkläre, "um sich die lange Fahrt zu ersparen". Im Falle einer persönlichen Anhörung werde er am Tag der Anhörung direkt gebracht. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2022 teilte die JVA B. mit, der Beschwerdeführer sei "jetzt doch mit einer Videokonferenz einverstanden" und übersandte eine vom Beschwerdeführer unterzeichnete Einverständniserklärung.
Am 08. November 2022 fand ein Anhörungstermin in Anwesenheit der Mitglieder der Strafvollstreckungskammer, des Verteidigers, der Sachverständigen sowie unter Zuschaltung des Beschwerdeführers per Videokonferenz statt. Dieser erklärte nochmals sein entsprechendes Einverständnis und gab im Rahmen seiner Anhörung weitere Erklärungen ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte und gemäß §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO zulässig eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Die Verfahrensvoraussetzungen für die Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung wurden eingehalten.
Insbesondere wurde der Beschwerdeführer ordnungsgemäß angehört. Die Regelung des § 463e Abs. 1 Satz 3 StPO wurde ausreichend beachtet.
Gemäß § 463e Abs. 1 Satz 1 StPO kann das Gericht für die Anhörung bestimmen, dass sich der Verurteilte bei der mündlichen Anhörung an einem anderen Ort als das Gericht aufhält und die Anhörung zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Verurteilte aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird. Dies gilt nach § 463e Abs. 1 Satz 3 jedoch unter anderem dann nicht, wenn - wie hier - die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist.
Dementsprechend hätte der Beschwerdeführer grundsätzlich persönlich angehört werden müssen, denn nach dieser Regelung ist der Einsatz von Videotechnik unabhängig von einer vorherigen Einwilligung des Betroffenen ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2022 - 2 StR 142/21 -, BeckRS 2022, 36903 Rn. 34; ausführlich: OLG Bremen, Beschluss vom 26. April 2022 - 1 Ws 32/22 -, juris). Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Oberlandesgerichts Bremen (a.a.O.) an, wonach zwar der Wortlaut des § 463e Abs. 1 Satz 3 StPO dahingehend verstanden werden könnte, dass in den von dieser Vorschrift erfassten Fällen lediglich die nach § 463e Abs. 1 Satz 1 StPO ermöglichte Bestimmung der Vornahme ei...