Verfahrensgang
AG Bochum (Beschluss vom 23.11.2016; Aktenzeichen 58 F 316/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Mündels vom 23.11.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum vom 31.10.2016 (58 F 316/16) wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Der Antrag des Mündels auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000.- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der am ........1997 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Guinea. Durch Beschluss vom 05.05.2014 stellte das Amtsgericht - Familiengericht - Bochum (58 F 76/14) das Ruhen der elterlichen Sorge der Eltern des Beschwerdeführers fest und ordnete Vormundschaft an. Über eine Anerkennung des Beschwerdeführers als Flüchtling ist noch nicht entschieden worden. Durch den am 31.10.2016 erlassenen Beschluss hat das Familiengericht festgestellt, dass die Vormundschaft beendet ist. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass der Beschwerdeführer mit der Vollendung seines 18. Lebensjahres am ........2015 volljährig geworden sei. Sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Recht der Republik Guinea trete die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein, so dass dahinstehen könne, ob auf die Frage der Volljährigkeit deutsches oder ausländisches Recht anzuwenden sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Schriftsatz vom 23.11.2016 vom Vormund im Namen des Beschwerdeführers eingelegte Beschwerde. Darin wird die Ansicht vertreten, dass sich die Frage der Volljährigkeit nach dem Recht der Republik Guinea richte. Danach trete die Volljährigkeit erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres ein.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch den angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass die Vormundschaft für den am ........1997 geborenen X (Mündel und Beschwerdeführer) mit Eintritt seiner Volljährigkeit am ........2015 endete.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 (Brüssel IIa-VO), weil der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt in Z hat und sich im Beschwerdeverfahren für das Fortbestehen der Vormundschaft auf seine Minderjährigkeit beruft (vgl. auch Senat, Beschluss vom 30.01.2015, 6 UF 155/13, FamRZ 2015, 1635 f.). Der Beschwerdeführer ist durch die von ihm angefochtene Entscheidung auch beschwert (§ 59 FamFG). Zwar endet die Vormundschaft mit Eintritt der Volljährigkeit kraft Gesetzes; die deklaratorische Feststellung der Beendigung durch Beschluss hat aber den Rechtsschein der Richtigkeit für sich, die der Betroffene selbst oder auch sein Vormund beseitigen können muss (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.07.2015, 5 WF 74/15, FamRZ 2015, 1820 ff.; a.A. Staudinger-Veit, BGB, Neubearbeitung 2014, § 1882 Rn. 22).
2. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg, weil die Vormundschaft über X mit Vollendung seines 18. Lebensjahres am ........2015 kraft Gesetzes endete, §§ 1773, 1882 BGB.
a) Die Anordnung wie die Beendigung der Vormundschaft richtet sich nach deutschem Recht und mithin nach den Vorschriften der §§ 1773ff. BGB. Denn bei der Anordnung der Vormundschaft durch Beschluss vom 05.05.2014 war der Beschwerdeführer noch 16 Jahre alt und unterfiel damit dem Haager Kinderschutzübereinkommen vom 19.10.1996 (im Folgenden: KSÜ), das nach seinem Art. 2 auf Kinder von ihrer Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres anzuwenden ist. Nach Art. 15 Abs. 1 KSÜ war bei der Anordnung der Vormundschaft deutsches Recht anzuwenden. Nach herrschender Meinung, der der Senat folgt, ist diese Kollisionsnorm auch dann anwendbar, wenn sich die Zuständigkeit der deutschen Behörden nicht aus den Regelungen der Art. 5 ff. KSÜ, sondern - wie im Regelfall und auch im Streitfall - vorrangig aus der Brüssel-IIa-VO ergibt (vgl. hierzu Palandt-Thorn, BGB, 76. Aufl. 2017, Anhang Art. 24 EGBGB Rn. 21; Staudinger-v. Hein, Neubearbeitung 2014, vor Art. 24 EGBGB Rn. 2c).
b) Hingegen ist die Vorfrage der Volljährigkeit des Beschwerdeführers gemäß Art. 7 EGBGB nach dem Recht des Staates zu beurteilen, dem der Beschwerdeführer angehört.
aa) Eine die Anwendbarkeit des Art. 7 EGBGB verdrängende Regelung ergibt sich zum einen nicht aus den Bestimmungen des KSÜ. Nach einhelliger Ansicht regelt dieses Übereinkommen nicht die Frage der Volljährigkeit, sondern legt in Art. 2 lediglich den Anwendungsbereich des Übereinkommens fest (Staudinger-Hausmann, Neubearbeitung 2013, Art. 7 EGBGB Rn. 12; Erman-Hohloch, BGB, 14. Auflage 2014, Art. 7 Rn.
bb) Zum anderen hindert auch Art. 12 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) nicht die Anwendbarkeit von Art. 7 EGBGB, weil auch dieses Übereinkommen die Frage der Volljähr...