Leitsatz (amtlich)

Nur ein Beteiligter im Sinne des § 2227 BGB ist berechtigt, die Entlassung des Testamentsvollstreckers zu beantragen. Hierfür muss der Antragsteller durch die Testamentsvollstreckung in eigenen Rechten oder Pflichten unmittelbar betroffen sein.

Für eine solche unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten oder Pflichten genügt es nicht schon, dass der Antragsteller gemeinsam mit dem Erblasser Mitgesellschafter einer GmbH oder - einer durch den Erbfall nicht aufgelösten - Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder Miteigentümer einer Sache (§§ 741 ff. BGB) gewesen ist. In all diesen Fällen ist nämlich durch den Erbfall lediglich ein Wechsel in der Person des Mitgesellschafters bzw. Miteigentümers erfolgt, ohne dass die Testamentsvollstreckung die rechtliche Position des anderen Gesellschafters/Miteigentümers unmittelbar berührt.

Auch auf die Mitgliedschaftsrechte des dem Erblasser nachfolgenden Gesellschafters einer GbR erstreckt sich die Testamentsvollstreckung nicht. Falls der Testamentsvollstrecker gleichwohl gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsrechte ausübt, sind die übrigen Gesellschafter oder ggf. die GbR auf die Maßnahmen zu verweisen, die gegen unbefugte Eingriffe eröffnet sind.

 

Normenkette

BGB § 2227

 

Verfahrensgang

AG Bottrop (Aktenzeichen 4 VI 796/16)

 

Tenor

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Bottrop vom 11. Dezember 2017 dahin abgeändert wird, dass der Antrag des Beteiligten zu 3) auf Entlassung des Beteiligten zu 2) aus dem Amt des Testamentsvollstreckers als unzulässig verworfen wird.

Der Beteiligte zu 3) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Beteiligten zu 1) und 2) durch das Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 95.000,- EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Erblasser und der Beteiligte zu 3), sein Bruder, waren zu je 1/2 Miteigentümer mehrerer Immobilien in P, die zu Wohnzwecken vermietet sind. Die Brüder waren Gründer und Gesellschafter zu je 1/2 der L Vermietungs- Beteiligungs- und Maschinenbau GbR (nachfolgend: GbR). Die GbR ist Eigentümerin eines gewerblich genutzten Grundstücks, das an die I-Hohlbohrtechnik Gebrüder L GmbH (nachfolgend: GmbH) vermietet ist. Die GmbH war von den Brüdern im Jahr 1980 gegründet worden; beide Brüder waren Mitgesellschafter zu 1/2.

Seit 2011 war es zwischen den Brüdern zu massiven Unstimmigkeiten - u.a. im Hinblick auf die Durchführung von Maßnahmen an den Wohnimmobilien sowie gesellschaftliche Befugnisse und Verpflichtungen - gekommen, wegen derer unter Erhebung erheblicher gegenseitiger, auch strafrechtlich relevanter Vorwürfe eine Reihe von Zivilprozessen geführt wurden, die teilweise noch nicht beendet sind.

Der Erblasser setzte in seinem handschriftlichen Testament vom 20. März 2015 den am 24. April 1995 geborenen Beteiligten zu 1), sein einziges Kind, zu seinem Alleinerben ein. Er setzte seiner Lebensgefährtin ein Vermächtnis von "50 % meines bereinigten Netto Nachlassvermögens" aus. Weiter bestimmter er Folgendes:

"Zum Testamentsvollstrecker setze ich hiermit Herrn Rechtsanwalt a.D. T ein Zu dessen Aufgaben gehört es die Verwaltung und Verteilung des Nachlassvermögens vorzunehmen Weiterhin alle Rechtsstreitigkeiten und Verfahren gleich welcher Art zu führen um alles Nachlassvermögen einzufordern zu liquidieren und zu verteilen (...)"

Der Beteiligte zu 2) nahm das Amt des Testamentsvollstreckers an und erhielt auf seinen Antrag vom Nachlassgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis.

Der Beteiligte zu 3) hat beantragt, den Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker zu entlassen. Er verweist auf dessen - unstreitig - desolate Einkommens- und Vermögensverhältnisse, u.a. wegen derer der Beteiligte zu 2) nicht mehr als Rechtsanwalt tätig ist. Der Beteiligte zu 3) geht davon aus, dass der Beteiligte zu 2) das Amt des Testamentsvollstreckers vorrangig im wirtschaftlichen Eigeninteresse und zum Schaden des Beteiligten zu 1) ausübt und weiter ausüben werde. Er verweist auf das vergleichsweise jugendliche Alter des Beteiligten zu 1), der sich u.a. deswegen nicht gegen den Beteiligten zu 2) behaupten könne. Weiter behauptet der Beteiligte zu 2), dass in den geführten und noch anhängigen Gerichtsprozessen in großem Umfang auf Seiten des Erblassers auf Betreiben des Beteiligten zu 2) nicht sachgerecht und im Ergebnis zum Schaden der GmbH, der GbR und der Eigentümergemeinschaft vorgegangen worden sei.

Der Beteiligte zu 2) hat die Antragsbefugnis des Beteiligten zu 3) bezweifelt und seine Vorgehensweise im Amt des Testamentsvollstreckers verteidigt.

Der Beteiligte zu 1) hat den Verbleib des Beteiligten zu 2) im Amt des Testamentsvollstreckers ausdrücklich in Kenntnis von dessen Einkommens- und Vermögensverhältnissen befürwortet und eine Fortsetzung seiner Tätigkeit gewünscht.

Das Amtsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss den Entlassungsantrag des Beteiligte...

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