Leitsatz (amtlich)
Zwar kann auch eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung ein Indiz für eine vorsätzliche Begehungsweise sein. Es muss sich aber den Urteilsgründen hinreichend deutlich entnehmen lassen, ob dem Betroffenen zum Zeitpunkt der Tat die Geschwindigkeitsbegrenzung (auch) bewusst war und er zugleich auch die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit tatsächlich bemerkt hat.
Verfahrensgang
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Bochum zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bochum hat gegen den Betroffenen durch Urteil vom 15. Dezember 2000 wegen einer vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach den §§ 41 Abs. 2, 49 StVO i. V. m. § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 100, 00 DM festgesetzt und außerdem gemäß § 25 StVG ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene befuhr am 23. Mai 2000 um 23. 40 Uhr die BAB 40, Richtungsfahrbahn Dortmund zwischen Kilometer 10, 0 und 11, 0 mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h, obwohl die zugelassene Höchstgeschwindigkeit in diesem Abschnitt 80 km/h betrug. Abzüglich der Toleranz von 15 % ergibt sich daraus eine Geschwindigkeit von 110 km/h und damit eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h.
Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch Nachfahren in einem Abstand von 100 Metern mit einem Zivilstreifenwagen mit justiertem Tacho. Die Schlussleuchten und Kennzeichenbeleuchtung des Fahrzeugs des Betroffenen waren eingeschaltet; es herrschte klare Sicht. "
Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Amtsgericht außerdem mitgeteilt, dass es davon ausgeht, dass die Polizeibeamten den Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug anhand der Leitpfosten, eines Punktes in der Windschutzscheibe des Polizeifahrzeugs sowie der Umrisse des vorausfahrenden Fahrzeugs eingeschätzt haben.
Nach Auffassung des Amtsgerichts hat sich der Betroffene einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit gemäß den §§ 41, 49 StVO schuldig gemacht.
Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene unter näherer Begründung die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe zu verwerfen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein des Betroffenen in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
II.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig und hat mit der Sachrüge auch - zumindest vorläufig - Erfolg.
1. Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß den §§ 41 Abs. 2 Ziffer 7, 49 Abs. 3 Ziffer 4 StVO, 24 StVG, nicht. Entgegen der Auffassung des Betroffenen genügen sie zwar den Anforderungen, die der Senat für die Messung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahren zur Nachtzeit aufgestellt hat (vgl. dazu die Beschlüsse des Senats vom 22. 10. 1997 in 2 Ss OWi 1216/97, abgedr. in DAR 1998, 75 und vom 30. 10. 1997 in 2 Ss OWi 1295/97, abgedr. in VRS 94, 467 sowie vom 14. 01. 1999 in 2 Ss OWi 1377/98, abgedr. in VRS 96, 458), jedoch enthält das angefochtene Urteil keinerlei Ausführungen zur inneren Tatseite. Es teilt insbesondere nicht mit, ob und wenn ja, welche Angaben der Betroffene selbst zu den Umständen der Geschwindigkeitsüberschreitung gemacht hat. Voraussetzung für eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung ist aber, dass der Betroffene zum Tatzeitpunkt die zulässige Höchstgeschwindigkeit in dem vom Amtsgericht festgestellten Umfang bewusst und gewollt überschritten hat. Zwar kann auch eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung ein Indiz für eine vorsätzliche Begehungsweise sein ( vgl. dazu Senat u. a. in VRS 90, 210, 211; 96, 291, 292). Es muss sich aber - worauf der Senat bereits mehrfach hingewiesen hat (vgl. u. a. den Beschluss des Senats vom 20. 11. 1997 in 2 Ss OWi 1294/97 - ZAP EN-Nr. 15/98 - ZfS 1998, 75 = NZV 1998, 124 ) - den Urteilsgründen hinreichend deutlich entnehmen lassen, ob dem Betroffenen zum Zeitpunkt der Tat die Geschwindigkeitsbegrenzung (auch) bewusst war und er zugleich auch die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit tatsächlich bemerkt hat. Ob diese Voraussetzungen angesichts einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h überhaupt anzunehmen sind, kann letztlich dahinstehen.
Da die Feststellungen des angefochtenen Urteils somit nicht den Schuldspruch tragen, war es daher schon wegen dieses Begründungsmangels auf die Sachrüge hin aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bochum zurückzuverweisen.
Dem Senat war es im Übrigen ...