Leitsatz (amtlich)
1. Erbringt der im Verhältnis zum Versicherungsnehmer leistungsfreie Feuerversicherer auf Grund des § 102 VVG die Versicherungsleistung an einen Grundpfandrechtsgläubiger, so tritt der gesetzliche Übergang des Grundpfandrechts auf den Versicherer nach § 104 S. 1 VVG auch dann ein, wenn Belastungsgegenstand ein Erbbaurecht ist.
2. Der gesetzliche Rangrücktritt nach § 104 S. 2 VVG des auf den Versicherer übergegangenen Grundpfandrechts ggü. einem nach den §§ 102, 103 VVG privilegierten nachrangigen Gläubiger (hier: der Grundstückseigentümer in Ansehung der für ihn eingetragenen Erbbauzinsreallast und der Vormerkung auf eine Reallast für einen erhöhten Erbbauzins) entsteht auch dann, wenn die gesamte Versicherungsleistung an den vorrangigen Grundpfandrechtsgläubiger ausgeschüttet worden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der nachrangige Gläubiger ohne den Brandschaden mit Erfolg Befriedigung aus dem Erbbaurecht hätte erlangen können.
Normenkette
VVG §§ 102, 104, 107b
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 5 T 262/00) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird das Grundbuchamt angewiesen, in der Veränderungsspalte einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung des Vorrangs der Rechte Abt. III Nrn. 1, 2 4 und 5 vor den Rechten Abt. II Nrn. 2 und 3 zugunsten der Beteiligten zu 2) einzutragen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der ersten und der weiteren Beschwerde findet nicht statt.
Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 90.000 DM (= 46.016,27 Euro) festgesetzt.
Gründe
I. Der Erbbauberechtigte, der Beteiligte zu 1), hatte auf dem Grundstück der Beteiligten zu 2) eine Diskothek betrieben. Zur Finanzierung der Diskothek hatte der Beteiligte zu 1) Darlehen aufgenommen, die durch in Abt. III Nrn. 1, 2, 4 und 5 des Erbbaugrundbuchs eingetragene Grundschulden i.H.v. insgesamt 1,5 Mio. DM zzgl. Zinsen und Nebenleistungen gesichert waren. Zugunsten der jeweiligen Grundstückseigentümer sind zur Sicherung des Erbbauzinses von jährlich 24.000 DM in Abt. II Nr. 2 des Erbbaugrundbuches eine Reallast sowie unter Nr. 3 eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Reallast (Zahlung eines erhöhten Erbbauzinses) eingetragen, und zwar im Nachrang ggü. den Rechten Abt. III Nrn. 1, 2, 4 und 5.
Die Diskothek wurde am 14.9.1992 durch vorsätzliche Brandstiftung des Beteiligten zu 1) vollständig zerstört. Auf Grund eines Grundurteils des OLG Hamburg (OLG Hamburg v. 4.6.1996 – 9 U 222/94, VersR 1996, 1141) hat der Feuerversicherer, die Beteiligte zu 3), die Versicherungsleistung auf der Grundlage der Vorschrift des § 102 Abs. 1 VVG an die Grundschuldgläubigerin gezahlt; ihre Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag ist damit erschöpft.
§ 104 S. 1 VVG knüpft an die Befriedigung der nach den §§ 102, 103 VVG privilegierten Hypothekengläubiger die Rechtsfolge, dass das dingliche Recht im Umfang der Leistung auf den Versicherer übergeht. Nach S. 2 derselben Vorschrift kann dieser Übergang nicht zum Nachteil eines gleich- oder nachstehenden Hypothekengläubigers geltend gemacht werden, dem ggü. die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung bestehen geblieben ist. Die Beteiligten zu 2) und 3) nehmen in der vorliegenden Grundbuchsache gegensätzliche Standpunkte dazu ein, ob der Übergang der Grundschulden auf die Beteiligte zu 3) hier gem. § 104 S. 2 VVG kraft Gesetzes gleichzeitig zu einem Rangrücktritt dieser Rechte hinter die der Beteiligten zu 2) zustehende Erbbauzinsreallast und die Vormerkung Abt. II Nr. 2 und 3 geführt hat.
Die Gläubigerin der Grundschulden Abt. III Nrn. 1, 2 4 und 5 hat in einer notariell beglaubigten Erklärung vom 16.8.1999 die Berichtigung der Gläubigereintragung auf Grund des erfolgten Rechtsübergangs nach § 104 S. 1 VVG bewilligt. Auf dieser Grundlage hat die Beteiligte zu 3) am 8.12.1999 bei dem Grundbuchamt die Umschreibung der Grundschulden auf sich beantragt und gleichzeitig deutlich gemacht, dass sie mit den auf sie übergegangenen Grundschulden weiterhin den Vorrang vor den Rechten Abt. II Nrn. 2 und 3 in Anspruch nehmen will. Die Beteiligte zu 2) hat zu dem Antrag dahin Stellung genommen, die Umschreibung der Grundschulden auf die Beteiligte zu 3) dürfe nicht ohne gleichzeitige Eintragung des nach § 104 S. 2 VVG eingetretenen Rangrücktritts dieser Rechte ggü. den ihr zustehenden Rechten Abt. II Nrn. 2 und 3 eingetragen werden; zumindest müsse ein entsprechender Amtswiderspruch zu ihren Gunsten gebucht werden. Das Grundbuchamt hat am 23.8.2000 die Beteiligte zu 3) als neue Gläubigerin der Rechte Abt. III Nrn. 1, 2, 4 und 5 des Grundbuchs eingetragen, und zwar ohne eine Änderung der Rangverhältnisse ggü. den Rechten Abt. II Nrn. 2 und 3 zu vermerken.
Gegen die Umschreibung der Grundschulden auf die Beteiligte zu 3) hat die Beteiligte zu 2) Beschwerde eingelegt, und zwar mit dem Antrag, das Grundbuchamt anzuweisen, gegen die am 23.8.2000 erfolgte Eintragung einen Widerspruch einzutra...