Verfahrensgang

LG Dortmund (Beschluss vom 24.02.1988; Aktenzeichen 2 O 688/86)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Die von der Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten werden anderweitig auf 2.364,83 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13.01.1988 festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde der Kläger und ihr weitergehender Kostenfestsetzungsantrag werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert bis zu 300,– DM.

Von den außergerichtlichen Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 1.500,– DM bis 1.800,– DM werden der Beklagten 4/5 und den Klägern 1/5 auferlegt.

 

Gründe

Im Ausgangsrechtsstreit nahm der im Verlauf des Verfahrens verstorbene Rentner … die Beklagte auf Schadensersatz (Verdienstausfall und Schmerzensgeld) in Anspruch wegen eines Unfalls, den er als Wachmann der Fa. … bei der Begehung eines zu bewachenden Bauvorhabens erlitten hatte. Nach seinem Tod setzten die Kläger als Erben den Rechtsstreit fort.

Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß hat der Rechtspfleger es abgelehnt, die von den Klägern geltend gemachten Erhöhungsgebühr (1.330,20 DM zuzüglich darauf entfallender Mehrwertsteuer) in die Kostenausgleichung einzubeziehen.

Die dagegen gerichtete, nach Vorlage an das Oberlandesgericht gemäß den §§ 21 Abs. 2, 11 Abs. 2 RPflG als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Kläger ist zulässig und im wesentlichen begründet.

Nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO erhöht sich die Prozeßgebühr durch jeden weiteren Auftraggeber um 3/10, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber tätig wird und der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist.

Die Frage, ob im Falle, in denen die Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers den Rechtsstreit fortsetzen, eine Erhöhungsgebühr anfällt, wird von der wohl überwiegenden Meinung der Rechtssprechung und einer teilweise im Schrifttum vertretenen Ansicht mit der Begründung verneint, daß die Erben als Gesamtrechtsnachfolger in das mit dem Erblasser begründete Auftragsverhältnis einträten und kein neuer Auftrag erteilt werde; da der Mandatsauftrag weiterhin von einem Auftraggeber ausgehe, seien die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 2 nicht als gegeben anzusehen (OLG Nürnberg JurBüro 1961, 604 = MDR 1962, 226; OLG Schleswig JurBüro 1979, 224; OLG Bamberg JurBüro 1978, 1180; OLG Frankfurt JurBüro 1982, 1346; OLG Düsseldorf JurBüro 1982, 858; LAG Hamm MDR 1964, 174; Göttlich-Mümmler, BRAGO, 16. Aufl., Stichwort: mehrere Auftraggeber, Anm. 6.3; Mümmler Anm. zu OLG Bamberg JurBüro 1978, 1180).

Der Senat teilt nicht die Ansicht, daß in einem solchen Fall, im Hinblick auf §§ 86 ZPO, 675 BGB – wonach Vollmacht und Auftrag im Falle des Todes des Vollmacht- bzw. Auftraggebers nicht erlöschen – keine Mehrheit von Auftraggeber vorliegt. Soweit in früheren Beschlüssen eine andere Meinung vertreten worden sein sollte, hält der Senat daran nicht mehr fest. Im Rahmen des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO ist nämlich nicht darauf abzustellen, ob es sich um mehrere Mandatsaufträge handelt. Maßgebend ist vielmehr, ob der Anwalt tatsächlich mehrere Auftraggeber, d.h. mehrere natürliche oder juristische Personen vertritt (Riedel-Sußbauer-Fraunholz, BRAGO, 6. Aufl., § 6 Rnr. 10; Gerold-Schmidt-von Eicken, BRAGO, 9. Aufl., § 6 Rnr. Anr. 9). Wird anstelle des Erblassers eine Erbengemeinschaft, die aus zwei oder mehreren Personen besteht, Prozeßpartei, so hat der Anwalt aufgrund des vom Erblassers erteilten Auftrags jeden der Erben zu vertreten. Er hat nunmehr anstelle eines Auftraggebers die Interessen einer Personenmehrheit wahrzunehmen (so OLG München, JurBüro 1985, 1651 = MDR 1985, 856; OLG Stuttgart, Justiz 1971, 183; Gerold-Schmidt-von Eicken a.a.O.; so wohl auch Riedel-Sußbauer-Fraunholz a.a.O. § 6 Rnr. 14).

Ob die Vertretung mehrerer Personen tatsächliche Mehrarbeit verursacht, ist entgegen der vom LAG Hamm (Anwaltsblatt 1984, 389) vertretenen Meinung für den Anfall der Erhöhungsgebühr unbeachtlich. Es trifft zwar zu, daß der Gebührenzuschlag gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO aus der Erwägung heraus geschaffen worden ist, daß dem Rechtsanwalt bei Vertretung mehrerer Auftraggeber in der Regel eine gewisse Mehrarbeit erwächst. Der Gesetzgeber hat jedoch die Erhöhungsgebühr nicht davon abhängig gemacht, daß im Einzelfall auch tatsächlich mehr Arbeit angefallen ist. Er hat vielmehr aus Praktikabilitätsgründen eine pauschalierende Regelung getroffen, die auf äußere Umstände abstellt und so eine möglichst umgehende Anwendung des Gesetzes gewährleistet. Dieser vom Gesetzgeber verfolgte Zweck würde verfehlt, würde im Kostenfestsetzungsverfahren jeweils die Prüfung stattfinden müssen, ob dem Rechtsanwalt im Einzelfall durch die Vertretung mehrerer Auftraggeber eine Mehrheit erwachsen ist oder erwachsen konnte (vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze, 22. Aufl., § 6 Anm. 2; OLG München a.a.O.; OLG Koblenz, JurBüro 1984, 703).

Nach alledem ist die Erhöhungsgebühr für fünf weitere Auftraggeber angefallen, da...

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