Leitsatz (amtlich)
›1. Der Umstand, daß die gegen den Anspruch auf Zahlung des Hausgeldes zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen gemäß § 93 Abs. 3 StVollzG an sich im Zivilrechtsweg geltend zu machen sind, führt nicht zur Unzulässigkeit des Aufrechnungseinwandes im Strafvollzugsverfahren auf Zahlung des Hausgeldes.
2. Bei nicht rechtskräftig festgestellten, im Streit befangenen zivilrechtlichen Forderungen der Vollzugsbehörde besteht aber bzgl. dieser im Strafvollzugsverfahren zur Aufrechnung gestellten Forderungen eine Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens gemäß § 120 Abs. 1 StVollzG i.V. mit § 262 StPO.
3. Die in § 93 Abs. 2 StVollzG geregelte Durchbrechung des Pfändungsschutzes mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme des Hausgeldes (über 30 DM) gilt für alle Aufwendungsersatzansprüche aus § 93 Abs. 1, also nach Satz 1 und Satz 2 StVollzG, StVollzG, wobei sich dies direkt aus dem Gesetz und nicht nur bei besonderen Fallgestaltungen aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergibt.‹
Verfahrensgang
Gründe
Der Leiter der Justizvollzugsanstalt hat durch Bescheid vom 25. Februar 1985 den seinerzeit dort in Strafhaft einsitzenden Betroffenen, der inzwischen aus einem ihm im März 1986 gewährten Urlaub nicht zurückgekehrt ist und bisher nicht wieder festgenommen werden konnte, wegen eines Zellenbrandes vom 29. Juni 1983 zum Ersatz der Aufwendungen für die Ausstattung des Haftraumes mit 298,57 DM und für die Renovierung mit 149,98 DM herangezogen. Der Anstaltsleiter hatte die Forderungen damit begründet, daß der - dies bestreitende - Betroffene vorsätzlich oder fahrlässig den Schaden durch die Nichtabschaltung eines Tauchsieders herbeigeführt habe. Das Land Nordrhein-Westfalen hat bzgl. der Forderung von 298,57 DM einen rechtskräftigen Titel bei dem Amtsgericht bzw. dem Landgericht (3 C 923/83 AG Rheinbach und 8 S 223/84 LG Bonn) erstritten. Bezüglich der Forderung von 198,98 DM ist am 15.03.1985 ein Mahnbescheid und am 27.03.1986 ein den Betroffenen insoweit zur Zahlung verpflichendes, noch nicht rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts erlassen worden. Mit dem o.g. Bescheid vom 25.02.1985 hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt gleichzeitig mit der Geltendmachung der beiden Aufwendungsersatzforderungen von 298,57 DM und 149,98 DM gemäß § 93 StVollzG die Aufrechnung gegen den Anspruch des Betroffenen auf Auszahlung des 30,- DM übersteigenden Hausgeldes erklärt. Daraufhin wurden davon am 21.03.1985, 16.04.1985 und 22.05.198S jeweils 15,- DM einbehalten. In dem von dem Betroffenen dann angestrebten Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (52 Vollz 59/85 LG Bonn) setzte die Strafvollstreckungskammer den Vollzug des Bescheides vom 25. Februar 1985 vorläufig aus. Aufgrund der damit gleichzeitig ergangenen Anordnung der Strafvollstreckungskammer wurde dem Gefangenen am 11. Juni 1985 die von dem Hausgeld einbehaltene Gesamtsumme von 45,- DM durch Rückbuchung auf seinem Konto wieder gutgeschrieben.
Nachdem der Widerspruch des Betroffenen gegen den Bescheid vom 25. Februar 1985 durch den Präsidenten des Justizvollzugsamtes Köln am 9. Mai 1985 zurückgewiesen worden war, stellte der Betroffene am 23. Mai 1985 gem. § 109 StVollzG gegen die gemäß § 93 StVollzG erfolgte Inanspruchnahme Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Auf diesen Antrag hin hat die Strafvollstreckungskammer durch den angefochtenen Beschluß den Bescheid vom 25. Februar 1985 aufgehoben und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß die hier von der Justizvollzugsanstalt angewendete Bestimmung des § 93 Abs. 2 StVollzG nur die Aufrechnung mit Ersatzansprüchen des § 93 Abs. 1 Satz 1 StVollzG gestatte, d.h. nur mit solchen, die durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung eines anderen Gefangenen verursacht worden seien, nicht aber mit anderen Ansprüchen wie mit dem hier in Frage kommenden aus Sachbeschädigung. Im übrigen könne das Bestehen und die Höhe des Anspruchs, soweit noch kein rechtskräftiger Titel vorläge, nicht von der Strafvollstreckungskammer überprüft werden; dies sei alleine Sache der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Mit der hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Leiter der Justizvollzugsanstalt die von der Strafvollstreckungskammer angenommene Begrenzung der in § 93 Abs. 2 StVollzG geregelten Aufrechnungsmöglichkeit auf die in § 93 Abs. 1 Satz 1 StVollzG geregelten Ansprüche.
Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist zulässig, da es geboten ist, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die Vollzugsanstalt war nämlich befugt, gegen den einen Betrag von 30,- DM übersteigenden Hausgeldanspruch des Gefangenen mit ihren geltend gemachten Ersatzansprüchen gem. § 93 Abs. 2 StVollzG i.V.m. § 93 Abs. 1 StVollzG aufzurechnen. Bei der Prüfung der Wirksamkeit der Aufrechnung im gerichtlichen Strafvollzugsverfahren kann allerdings zunä...