Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfähigkeit einer ausländischen Kapitalgesellschaft in Grundbuchsachen
Normenkette
GBO § 29
Verfahrensgang
AG Hamm (Beschluss vom 15.03.1994) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 30.3.1994 wird der Beschluß des Amtsgerichts vom 15.3.1994 ebenfalls aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Grundbuchamt – zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 4.900.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligte zu 1) ist die eingetragene Eigentümerin der vorbezeichneten Grundstücke. Diese hatte sie aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 16.8.1991 … von dem Voreigentümer, dem Forstwirt X. Graf von X. erworben; die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 3.11.1992.
Durch notariellen Vertrag vom 5.11.1993 … verkaufte die Beteiligte zu 1) zunächst die Grundstücke laufende Nummer 1 bis 15 sowie Nr. 18 des Bestandsverzeichnisses an den durch einen Bevollmächtigten vertretenen Beteiligten zu 2) und ließ ihm diese Grundstücke auf. Durch weiteren notariellen Vertrag vom 17.12.1993 … verkaufte die Beteiligte zu 1) diesem auch das Grundstück laufende Nummer 17 des Bestandsverzeichnisses und ließ ihm auch dieses Grundstück auf. Beiden dem Grundbuchamt zunächst zur Eintragung der bewilligten Auflassungsvormerkungen vorgelegten notariellen Urkunden war jeweils beigefügt eine von dem Urkundsnotar beglaubigte Ablichtung eines beglaubigten Auszuges aus dem Handelsregister des Fürstentums Liechtenstein in Vaduz vom 19.10.1993 bzw. vom 7.12.1993. Beide Auszüge ergeben, daß die Beteiligte zu 1) am 14.6.1991 mit dem Sitz in X. unter der Registernummer X. in das Handelsregister eingetragen worden ist. Als Zweck der Aktiengesellschaft ist die Erschließung von Grundstücken, Ansiedlung von Gewerbe- und Wohnraum sowie das Erstellen von Gewerbe- und Wohnbauten, der Erwerb, die Veräußerung von Vermögenswerten jeder Art, insbesondere auch von Immobilien, für eigene und fremde Rechnung, die Finanzierung von und die Beteiligung an industriellen und kommerziellen Unternehmungen jeglicher Art und die Durchführung aller mit diesem Zweck direkt oder indirekt in Zusammenhang stehenden Transaktionen ausgewiesen. Die Gesellschaft verfügt nach der Eintragung über ein voll einbezahltes Kapital von 250.000 Schweizer Franken. Unter der Rubrik „Verwaltung” ist vermerkt: Verwaltungsrat mit Einzelzeichnungsrecht: Dr. X., Dr. X. und X. (Generalkonsul, X.). Die Beteiligte zu 1) wurde bei Abschluß des notariellen Vertrages vom 5.11.1993 durch Herrn Dr. X. bei Abschluß des notariellen Vertrages vom 17.12.1993 durch den Generalkonsul vertreten.
Der Urkundsnotar hat mit Schreiben vom 17.2.1994 unter Bezugnahme auf § 15 GBO beantragt, die Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 2) zu vollziehen sowie die in Abteilung III Nr. 3 bis 8 des Grundstücks laufende Nummer 17 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundschulden zu löschen.
Das Finanzamt Höxter hat mit Schreiben vom 17.2.1994 die Wiedereintragung des Voreigentümers Graf von X. sowie die Rückgabe der für den Eigentumserwerb der Beteiligten zu 1) erteilten Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt. Zur Begründung hat das Finanzamt vorgetragen, bei der Beteiligten zu 1) handele es sich um eine „Briefkastenfirma”, die lediglich einen formellen Sitz in Liechtenstein habe, jedoch dort keine Geschäftstätigkeit ausübe. Neben dem Repräsentant in und dem Verwaltungsrat der Gesellschaft sei in Schaan kein „lebendes Büro” mit Personal vorhanden. Die Beteiligte zu 1) könne deshalb in der Bundesrepublik Deutschland nicht als rechtsfähig anerkannt werden, die von ihr abgegebenen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen seien nichtig. Diesen Anträgen hat das Grundbuchamt nicht entsprochen. Es hat jedoch am 4.3.1994 eine Zwischenverfügung erlassen, in der es dem Urkundsnotar aufgegeben hat, in öffentlich beglaubigter Form nachzuweisen, daß sich der tatsächliche Verwaltungssitz der Beteiligten zu 1) in Liechtenstein befinde und dort Rechtsgeschäfte getätigt wurden.
Der Urkundsnotar hat zu dieser Zwischenverfügung mit Schriftsatz vom 9.3.1994 Stellung genommen. In diesem Zusammenhang hat er eine Erklärung des Büros Industrie- und Finanzkontor in seiner Eigenschaft als Kontrollstelle vorgelegt, in der bestätigt wird, die Beteiligte zu 1) habe ihren alleinigen Verwaltungssitz in X., eine ordentliche Buchhaltung und die Bilanzen für die Jahre 1991 und 1992 lägen bereits vor. Weiter beigefügt ist eine Bankreferenz der Bank in Liechtenstein vom 8.3.1994, in der bestätigt wird, daß die Beteiligte zu 1) seit ihrer Gründung mit dieser Bank eine Geschäftsverbindung unterhalte.
Das Finanzamt Höxter hat mit Schreiben vom 11.3.1994 eine Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen vom 21.12.1993 vorgelegt, in der die Auffassung vertreten wird, es handele sich bei der Beteiligten zu 1) um eine in der Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsfähige Gesellschaft, di...