Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsvorschrift. Prozessrecht. materielles Recht. Vermögensabschöpfung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anwendungsbereich der Übergangsvorschrift des Art. 316h S. 2 EGStGB erstreckt sich nicht nur auf materielles Recht, sondern auch auf das Prozessrecht.

 

Normenkette

EGStGB Art. 316h S. 2; StPO §§ 459g, 459d

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Entscheidung vom 03.04.2009; Aktenzeichen 2 KLs 09/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Der Verurteilte ist durch die 2. große Strafkammer des Landgerichts Arnsberg am 03.04.2009 wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt worden. Daneben hat die Kammer den Verfall von Wertersatz in das Vermögen des Angeklagten in Höhe von 40.000,00 Euro angeordnet.

Der Verurteilte verbüßte bis zum Jahr 2012 Zweidrittel der Haftstrafe. Während dieser Zeit wurde ihm im Hinblick auf die Vollstreckung des Verfalls eine Stundung gewährt. Seit der Haftentlassung wurde ihm eine monatliche Ratenzahlung zugebilligt. Er zahlt seitdem monatlich 50,00 Euro auf die Forderung aus der Verfallsanordnung und daneben weitere 50,00 Euro auf die Verfahrenskosten.

Mit Schreiben der Schuldnerberatung vom 26.08.2021 hat der Verurteilte beantragt, die Vollstreckung der Verfallsforderung einzustellen. Die weitere Vollstreckung sei angesichts der finanziellen Verhältnisse der Familie sowie der jahrelangen zuverlässigen Ratenzahlungen nicht mehr verhältnismäßig. Der Verurteilte und seine Familie seien durch die Gesamtsituation belastet. Er befinde sich in psychiatrischer Behandlung. Zur Darlegung seiner finanziellen Verhältnisse hat der Verurteilte Unterlagen eingereicht, aus welchen sich ergibt, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von gut 2.100,00 Euro verfügt. Ferner hat er Unterlagen betreffend die monatlichen Aufwendungen für Miete etc. vorgelegt. Angaben über die Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Verurteilten wurden verweigert.

Mit Beschluss vom 24.05.2022 hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts Arnsberg den Antrag auf Einstellung der Vollstreckung des Verfalls zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer insbesondere ausgeführt, gem. Art. 316h S. 2 EGStGB seien die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 vorliegend nicht anzuwenden, mithin auch nicht § 459g Abs. 5 StPO in der neuen Fassung. Letztlich könne dies aber dahinstehen, da sowohl die Überprüfung gemäß "§ 73c Abs. 1 S. 2 StGB a.F." als auch diejenige nach § 459g Abs. 5 StPO n.F. die Überprüfung dahingehend erfordere, ob die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig ist. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar sei davon auszugehen, dass das Erlangte sich nicht mehr im Vermögen des Verurteilten befinde, der Wegfall der Bereicherung führe jedoch nicht zwingend zum Wegfall der Anordnung, sondern sei nur ein Gesichtspunkt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Hier sei zu beachten, dass sich die Verfallsanordnung ausweislich der Urteilsgründe auf Gelder bezogen habe, die bestimmungsgemäß im Vermögen des Verurteilten verbleiben sollten. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Vollstreckung zwar bereits lange Zeit andauere, dies aber auf die dem Verurteilten zugebilligte Ratenzahlung zurückzuführen sei. Schließlich sei die Höhe der Raten nicht als unbillig anzusehen. Zwar sei das Einkommen des Verurteilten nicht besonders hoch, dies liege jedoch weit über etwaigen Sozialhilfesätzen und auch Leistungsempfängern werde die Zahlung niedriger Raten zugemutet. Zudem könne die finanzielle Gesamtsituation der Familie nicht überprüft werden, da keine Angaben zum Einkommen der Ehefrau des Verurteilten gemacht wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen den ihm am 03.06.2022 zugestellten Beschluss hat der Verurteilte mit Schreiben vom 04.06.2022, eingegangen beim Landgericht am 08.06.2022, sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Schreiben der Schuldnerberatung vom 27.06.2022 hat er diese im Wesentlichen damit begründet, die finanzielle Situation der Familie sei nicht hinreichend berücksichtigt worden. Für die beiden Kinder im Alter von 14 und 17 Jahren fielen erhöhte Kosten an. Ausgehend davon, dass der Verurteilte seinen Kindern nach der Düsseldorfer Tabelle einen Unterhalt von jeweils 500,00 Euro zu zahlen haben würde, verblieben keine pfändbaren Beträge. Zudem bestehe angesichts dessen, dass der Verurteilte Zweidrittel der Freiheitsstrafe verbüßt und die sich anschließende Bewährungszeit beanstandungslos durchlaufen habe, keine Veranlassung für eine weitere Bestrafung.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie erkannt. Der Verurteilte bzw. seine Verteidiger hatten Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedo...

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