Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 21 O 39/82) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000,– DM.
Tatbestand
I.
In den Jahren 1977 – 1980 unterhielt die Beklagte – eine belgische Firma – mit den Rechtsvorgängern der Klägerin und später mit der Klägerin eine Geschäftsverbindung. Die Beklagte wurde mit Türzargen beliefert und erhielt aufgrund des Schreibens vom 25.5.1977 für Belgien und Luxemburg das Alleinvertretungsrecht, wobei das Jahr 1977 als Probejahr dienen sollte. Bei ihren Bestellungen verwendete die Beklagte Auftragsformulare, die die Rechtsvorgänger der Klägerin in Abstimmung mit der Beklagten gedruckt hatten. Die Vordrucke waren mit dem Zusatz versehen: „Für diesen Auftrag gelten unsere allgemeinen Verkaufs-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen”. Dieser Hinweis bezog sich auf die AGB der Rechtsvorgänger der Klägerin. Nachdem die Beklagte jeweils die Auftragsformulare ausgefüllt, unterzeichnet und Übersandt hatte, wurden die Formulare von der Klägerin – oder ihren Rechtsvorgängern – gegengezeichnet und ein Überstück mit den beigefügten AGB an die Beklagte zurückgesandt. Auf den für die einzelnen Lieferungen erteilten Rechnungen sind im übrigen die AGB der Klägerin abgedruckt. Mit der Klage hat die Klägerin rein rechnerisch unstreitige Kaufpreisrestansprüche in Höhe von 119.780,40 DM nebst Zinsen geltend gemacht. Demgegenüber hat die Beklagte Mängel eingewendet und den Kaufpreis in Höhe von 23.240,– DM und 2.785,– DM gemindert. Daraufhin hat die Klägerin die Klage um beide Teilbeträge auf 93.755,40 DM ermäßigt. Zwischen den Parteien ist nur noch eine von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung von 940.000,– DM im Streit. In dieser Höhe hat die Beklagte am 29.1.1981 gegen die Rechtsvorgänger der Klägerin beim Handelsgericht Brüssel Zahlungsklage mit der Begründung erhoben, ihr stehe nach fristloser Kündigung des Eigenhändlervertrages und nach Entzug des Alleinvertriebsrechtes gemäß dem Belgischen Vertragshändlergesetz ein Ausgleichsanspruch zu. Die Klägerin, die die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs bestreitet, hält den in diesem Rechtsstreit erhobenen Aufrechnungseinwand schon deswegen für unbegründet, weil ihre AGB (Ziff. 5) folgende Klausel enthalten:
„Die Aufrechnung ist nur mit unstreitigen Gegenforderungen zulässig ….”
Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluß den Rechtsstreit gemäß Art. 22 EuG-ÜbK bis zur rechtskräftigen Entscheidung des beim Handelsgericht Brüssel anhängigen Verfahrens ausgesetzt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, die in den AGB der Klägerin enthaltene Aufrechnungsklausel verstoße gegen § 11 Nr. 3 AGBGB.
Entscheidungsgründe
II.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§§ 252, 567 ZPO) und begründet.
Die Voraussetzungen für eine Aussetzung gemäß Art. 22 EuG-ÜbK liegen nicht vor.
1. Das EuG-ÜbK ist allerdings anwendbar. Das Übereinkommen gilt für die sechs ursprünglichen EWG-Staaten, also auch für Belgien und die Bundesrepublik Deutschland, wo die Parteien ihren Sitz haben. Gemäß Art. 22 EuG-ÜbK i.V.m § 148 ZPO (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kurzkommentar zur ZPO, 40. Aufl. 1982, Bem. zu Art. 21 – 23 EuG-ÜbK) muß die fremde Entscheidung – hier des Handelsgerichts Brüssel – aber vorgreiflich sein. An dieser Voraussetzung fehlt es.
2. Eine Vorgreiflichkeit ist schon dann zu verneinen, wenn die Klage als unzulässig abgewiesen werden muß (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O. § 148 Bem. 1 E). Die Klage ist indessen zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gericht ist gegeben. Dies folgt aus Ziff. 7 AGB – Gerichtsstand für die entstehenden Streitigkeiten ist Münster in Westfalen – i.V.m. Art. 17 EuG-ÜbK. OB das Schriftformerfordernis des Art. 17 Abs. 1 EuG-ÜbK gewahrt ist, kann in diesem Zusammenhang offenbleiben. Jedenfalls kann sich die Beklagte nach Treu und Glauben auf eine fehlende Schriftform nicht berufen. Diese ist bei einer laufenden Geschäftsverbindung zwischen Kaufleuten entbehrlich (EuGH NJW 1977, 495; OLG Stuttgart AWD 1980, 365). Das belgische Vertragshändlergesetz steht einer Zuständigkeitsvereinbarung in AGB hinsichtlich der zwischen den Vertragspartnern geschlossenen Einzellieferungsverträge nicht entgegen (Martiny, Deutsch-belgische Vertriebsverträge, AWD 1973, 375).
Die beantragte Entscheidung des Handelsgerichts Brüssel ist jedoch deswegen nicht vorgreiflich, weil der von der Beklagten geltend gemachte Gegenanspruch wegen des Aufrechnungsausschlusses in den AGB der Klägerin in diesem Rechtsstreit unberücksichtigt bleiben muß und somit die Gefahr widersprechender Entscheidungen der belgischen und deutschen Gerichte nicht besteht.
3. Die AGB der Klägerin sind Vertragsbestandteil geworden.
a) Diese Frage richtet sich nach deutschem Recht, wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien – auch ohne Anwendung der AGB – dem deutschen Recht unterstehen (vgl. Erman/Hefermehl, Kommentar zum BGB, 7. Aufl., 1981, § 2 AGBG Rnr. 7). Das is...