Leitsatz (amtlich)
Bestehen Zweifel an der Eignung des von einem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes als Grundlage für eine Identifizierung des Betroffenen als Fahrer muss der Tatrichter im Urteil nähere Angaben zur Feststellung der Identität machen.
Verfahrensgang
AG Bochum (Entscheidung vom 18.07.2002) |
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Bochum wird mit den ihm zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bochum, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden haben wird, zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer am 19. Oktober 2001 in Bochum begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung - der Betroffene soll die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 47 km/h überschritten haben - zu einer Geldbuße von 100 EUR verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
Der Betroffene hat sich nicht zur Sache eingelassen. Das Amtsgericht hat den Betroffenen anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes als Fahrer zum Zeitpunkt des Verkehrverstoßes identifiziert. Dazu hat es Folgendes ausgeführt:
"Dieser Sachverhalt beruht auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Messprotokoll vom 19.10.2001 Bl. 4 d.A. und den in Augenschein genommenen Fotos bzw. Vergrößerungen vom Verkehrsverstoß B1.2, 7, 7 R d.A., auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Im Gegensatz zu den üblichen Beweisfotos Bl. 2 d.A. in normaler Größe ist der Fahrer auf den Vergrößerungen Bl. 7,7R d.A. trotz heruntergeklappter Sonnenblende erkennbar. Die längliche Gesichtsform des männlichen Fahrers, die ausdrucksstarke Kinnpartie und die Ohrform sind zu sehen. Genau diese Einzelheiten sind nach Ansicht des Gerichts geeignet, festzustellen, dass der Betroffene die Person ist, die auf den Fotos Bl. 7,7 R d.A. zu sehen ist. Die Tatsache, dass der Fahrer auf den Fotos eine Brille trägt und, dass das Tragen von Augengläsern im Führerschein des Betroffenen nach den Ausführungen des Verteidigers nicht verzeichnet ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung des Falles. Es kann durchaus sein, dass der Betroffene, der im Hauptverhandlungstermin keine Brille trug, die Brille nur zum Autofahren gebraucht."
II.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig und hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen, die zur Aufhebung und zur Zurückverweisung führen.
Das angefochtene Urteil wird den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an den Umfang der tatrichterlichen Ausführungen, wenn der Betroffene als Täter eines Verkehrsverstoßes anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes identifiziert wird, nicht gerecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 41, 374 = NZV 1996, 157), der sich die Oberlandesgerichte angeschlossen haben (vgl. u.a. OLG Hamm DAR 1996, 245 = NStZ-RR 1996, 244; DAR 1996, 417 = NZV 1996, 466 = VRS 91, 369; zuletzt zfs 2000, 577; zu den Nachweisen aus der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung siehe Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 71 Rn. 47 a), darf der Tatrichter gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf ein zur Identifizierung geeignetes Foto verweisen. Handelt es sich dabei um ein sog. "gutes" Foto sind in der Regel keine weiteren Ausführungen zur Identitätsfeststellung erforderlich (OLG Hamm DAR 1996, 417 [s.o.]; so auch BayObLG DAR 1999, 370). Das Rechtsbeschwerdegericht kann dann, da das Lichtbild durch die ordnungsgemäße Bezugnahme Bestandteil der Urteilsgründe geworden ist, aus eigener Anschauung beurteilen, ob das Tatgericht zutreffend die Identität des Betroffenen mit der auf dem Lichtbild abgebildeten Person festgestellt hat. Bestehen hingegen Zweifel an der Eignung des Lichtbildes als Grundlage für eine Identifizierung des Fahrers muss der Tatrichter im Urteil nähere Angaben zur Feststellung der Identität machen (ständige Rechtsprechung der Bußgeldsenate des OLG Hamm, vgl. u.a. OLG Hamm NZV 1996, 466; so auch OLG Dresden DAR 2000, 279) und vor allem auch darlegen, warum er trotz der schlechten Qualität des Lichtbildes den Betroffenen hat als Fahrer identifizieren können .
Vorliegend bestehen erhebliche Zweifel an der Geeignetheit des von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes als Grundlage für eine Identifizierung des Betroffenen. Das Lichtbild ist unscharf und - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffen hinweist - so kontrastarm, dass weder die Haartracht noch die Gesichtszüge der am Steuer des Pkw sitzenden Person hinreichend deutlich zu erkennen sind. Hinzu kommt, dass der Stirnbereich des Fahrers noch durch die heruntergeklappte Sonnenblende verdeckt ist. Dies gilt nicht nur für die in normaler Größe in den Akten befindlichen Fotos, sondern - entgegen...