Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Anwendung des Kostenprivilegs gem. § 48 Abs. 1 S. 1 GNotKG im Verfahren zur Genehmigung des Hofübergabevertrages (§ 16 HöfeVfO, §§ 16, 17 HöfeO).

 

Normenkette

GNotKG § 48 Abs. 1 S. 1, § 60 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Münster (Aktenzeichen 55 Lw 12/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 25.11.2020 wird unter Zurückweisung der Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 4) vom 12.03.2021 der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Münster vom 21.10.2020 teilweise abgeändert und der Geschäftswert des Genehmigungsverfahrens auf 133.344,00 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. In notarieller Urkunde des Notars B aus C vom 06.05.2020 (UR-Nr. .../2020) übertrug der Beteiligte zu 1) mit Zustimmung seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 3), den in seinem Eigentum stehenden Hof im Sinne der HöfeO, eingetragen im Grundbuch von A Blatt ... in einer Größe von 13,4116 ha, mit Wirkung zum 01.07.2020 gegen Gewährung eines näher dargelegten Altenteilrechts auf seinen Sohn, den Beteiligten zu 2). Mit übertragen wurde zudem eine auf den Hofgebäuden befindliche Photovoltaikanlage. Der Einheitswert des Hofes beträgt 33.336,00 EUR.

Die landwirtschaftliche Nutzfläche des Hofes in einer Größe von insgesamt 12,45 ha ist im Umfang von 8,15 ha seit dem 01.10.2010 verpachtet, die übrige Ackerfläche in einer Größe von 4,3 ha wurde bis zur Übertragung durch den Beteiligten zu 1) bewirtschaftet, seitdem durch den Beteiligten zu 2).

Nach Einholung einer Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen erteilte das Landwirtschaftsgericht mit Beschluss vom 21.10.2020 die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung des Übertragsvertrages vom 05.06.2020 und setzte den Geschäftswert gem. §§ 35, 36 Abs. 1 GNotKG auf 573.345,00 EUR fest. Die Kostenprivilegierung des § 48 GNotKG diene der Erhaltung und Fortführung landwirtschaftlicher Betriebe in der Hand bäuerlicher Familien, wobei es sich um einen leistungsfähigen Betrieb handeln müsse. Dazu müsse auch der im Nebenerwerb geführte Betrieb eine solche Größe aufweisen, die zur Erwirtschaftung eines nicht unwesentlichen Teils des Lebensunterhaltes des Betriebsinhabers durch den Betrieb der Landwirtschaft geeignet sei. Bei einer Verpachtung wesentlicher landwirtschaftlicher Flächen an Dritte sei die Leistungsfähigkeit zu verneinen, so dass als Geschäftswert gem. §§ 35, 36 Abs. 1 GNotKG der Verkehrswert zugrunde zu legen sei. Bei Ansatz eines Grünlandwerts von 5,70 EUR/m2 errechne sich ein Wert von 764.461,00 EUR. Unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages von 25 % ergebe sich der festgesetzte Gegenstandswert.

Mit seiner Beschwerde vom 25.11.2020 wendet sich der Beteiligte zu 2) gegen die Geschäftswertfestsetzung durch das Landwirtschaftsgericht. Er ist der Ansicht, die Kostenprivilegierung des § 48 Abs. 1 GNotKG greife vorliegend. Für ihn als Übernehmer stellten die Einkünfte aus der Landwirtschaft einen erheblichen Beitrag zu seinem Einkommen da. Aus seiner Tätigkeit als Angestellter beziehe er Einkünfte in Höhe von monatlich ca. 2.385,00 EUR netto. Er ist der Ansicht, die Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage seien ebenfalls dem Hof zuzuordnen, da sie nur im Zusammenhang mit dem Hof erwirtschaftet werden könnten. Er habe den Hof auch unmittelbar fortgeführt, der Betrieb sei nicht vollständig verpachtet, sondern werde zum Teil noch selbst bewirtschaftet.

Das Landwirtschaftsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 21.12.2020 mit näherer Begründung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit ihrer Anschlussbeschwerde vom 12.03.2021 wendet sich die Beteiligte zu 4) ebenfalls gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts durch den angefochtenen Beschluss. Das Landwirtschaftsgericht habe zwar zutreffend festgestellt, dass das Kostenprivileg des § 48 GNotKG keine Anwendung finde. Die aus der Landwirtschaft erzielten Einnahmen rechtfertigten nicht die Anwendung des Landwirtschaftsprivilegs. Der Betrieb der Photovoltaikanlage sei kein Betrieb nach § 48 GNotKG, sondern ein nach den allgemeinen Vorschriften zu bewertendes Gewerbe. Es sei jedoch bei der Bemessung des Verkehrswertes durchgehend nur der Bodenrichtwert des Jahres 2020 für Grünland zugrunde gelegt worden, obwohl es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass es sich bei allen Flächen um Grünland handele. Der Hof umfasse 12,45 ha Ackerfläche, so dass angesichts des Bodenrichtwerts von 8,50 EUR/m2 der Höchstwert von 1.000.000,00 EUR gem. § 60 Abs. 3 GNotKG überschritten und der Geschäftswert auf diesen Betrag festzusetzen sei.

II. Die gem. § 83 Abs. 1 S. 1 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist begründet, die ebenfalls zulässige Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 4) ist unbegründet.

1. Die Beschwerden sind fristgerecht gem. § 83 Abs. 1 S. 3 GNotKG eingelegt worden. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt jeweils 200,00 EUR, ...

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