Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankheitskostenversicherung, Prämienanpassung, Bestreiten der Unterlagenvollständigkeit
Leitsatz (amtlich)
Beschränkt sich der Versicherungsnehmer darauf, die materielle Rechtmäßigkeit einer Beitragsanpassung mit dem Argument im Zweifel zu ziehen, dem zustimmenden Treuhänder sei es aufgrund vermeintlicher Unvollständigkeit der technischen Berechnungsgrundlagen nicht möglich gewesen, die ordnungsgemäße Verwendung der Limitierungsmittel zu überprüfen, so ist dieser Vortrag aus Rechtsgründen unerheblich. Anders ist es, wenn der Versicherungsnehmer geltend macht, dass der Versicherer bei der vorgelagerten unternehmerischen Entscheidung hinsichtlich der Limitierungsmittelverwendung die Grenzen seines Ermessens zum Nachteil des Versicherungsnehmers überschritten habe oder sonst die Prämie im Ergebnis falsch festgesetzt worden sei.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 18 O 20/22) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 16.12.2022 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (18 O 20/22) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits vor einer Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 30.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger hat bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung genommen. Er wendet sich gegen Beitragsanpassungen. Wegen des weiteren Sachverhalts und Verfahrensgangs wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 12.05.2023, und wegen der Berufungsanträge auf die Berufungsbegründung vom 20.03.2023 (Bl. 50 f. eGA-II für die elektronische Gerichtsakte zweiter Instanz) Bezug genommen.
II. Die klägerische Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO (1) zurückzuweisen. Die in zweiter Instanz vorgenommene Klageerweiterung wird dadurch wirkungslos (2).
1. Die Berufung des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
a) Mit seinem Hinweisbeschluss vom 12.05.2023 hat der Senat ausgeführt:
"Vorauszuschicken ist, dass die mit dem Berufungsantrag weiterverfolgte Zahlungsklage, erstinstanzlich erhoben in Höhe von 25.287,36 EUR und rechtshängig gemacht im Jahr 2022, aufgrund der erhobenen Verjährungseinrede von vornherein nur in Höhe von 16.404,36 EUR Erfolg haben könnte [wird näher ausgeführt].
[...]
Der Kläger beanstandet die mit der Berufung angegriffenen Prämienanpassungen allein in materieller Hinsicht. Sein erstinstanzlicher, allein auf die Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen bezogener Vortrag kann den Berufungsanträgen aus Rechtsgründen nicht zum Erfolg verhelfen (aa). Sein zweitinstanzlicher Vortrag, die Beklagte habe die Limitierungsmittel nicht gesetzmäßig verwendet, ist nicht zulassungsfähig (bb).
aa) Der erstinstanzliche Angriff ist auf die Vollständigkeit der dem Treuhänder vorgelegten Unterlagen beschränkt gewesen. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 07.09.2022, mit dem der Kläger ausgeführt hat, dass er - anders als in anderen Verfahren - vorliegend nicht "die versicherungsmathematisch ordnungsgemäße Berechnung der auslösenden Faktoren sowie der letztendlich errechneten Versicherungsprämie", also die "grundsätzliche Richtigkeit der erfolgten Kalkulation", bestreite, sondern "ausschließlich, dass dem Treuhänder die Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 155 Abs. 2 VAG zum Zeitpunkt seiner Einverständniserklärung mit der Limitierungsmittelverwendung [aufgrund unvollständiger Unterlagen] überhaupt ermöglicht gewesen ist" (Bl. 271 f. eGA-I - Hervorhebung nicht im Original). Mit diesem Inhalt hat das Landgericht den klägerischen Vortrag auch im - nicht angegriffenen - Tatbestand festgestellt.
Nicht in Zweifel gezogen hat der Kläger mithin, dass die Beklagten bei der - dem Prüfverfahren des Treuhänders zeitlich und sachlich vorgelagerten - Verwendung der Limitierungsmittel die ihr insoweit eingeräumten Beurteilungsspielräume (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17 -, BGHZ 220, 297 Rn. 52) gewahrt hat.
bb) Ein dergestalt beschränkter Vortrag verhilft der Klage im Prämienanpassungsstreit nicht zum Erfolg (so - mit teilweise anderer Begründung - auch OLG Köln, Urteil vom 10. Februar 2023 - 20 U 355/22, dort S. 6 ff. (n.v.) - Bl. 357 ff. eGA-II; OLG Nürnberg, Beschluss vom 7. März 2023 - 8 U 3056/22 -, juris Rn. 21 ff.).
Zwar macht § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG die Berechti...