Leitsatz (amtlich)
›1) § 101 ZPO gilt auch dann, wenn ein Prozeß durch gerichtlichen Vergleich - auch ohne Mitwirkung des Nebenintervenienten - beendet wird.
2) Die Prozeßparteien können diesen Kostenerstattungsanspruch nicht beschneiden.
3) Eine Beitrittserklärung kann nicht bedingt erfolgen. Das ist der Fall, wenn bei Abschluß eines Widerrufsvergleichs vorläufig teilweise der bisherigen Gegenpartei beigetreten wird.‹
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 16 O 30/98) |
Gründe
I.
Die Klägerin hat von der Beklagten aus einer Teilkaskoversicherung Zahlung von 353.345,00 DM begehrt. Durch das landgerichtliche Urteil ist der Klage - unter Zurückweisung im übrigen in Höhe von 9.745,12 DM - stattgegeben worden.
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin die Zahlung weiterer 353.599,88 DM verlangt. Mit Schriftsatz vom 26.04.1999 hat sie dem Streithelfer der Streit verkündet. Dieser ist mit Schriftsatz vom 31.05.1999 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2000 hat der Streithelfer zunächst beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Nach Bekanntgabe eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags hat er erklärt, er trete nunmehr vorläufig dem Rechtsstreit zu 12,5 % auf Seiten der Klägerin bei; im übrigen verbleibe es bei der bisherigen Erklärung. Sodann schlossen die Parteien den ihnen vorgeschlagenen Vergleich, durch den sich die Beklagte verpflichtete, über die landgerichtliche Urteilssumme hinaus weitere 50.000,00 DM an die Klägerin zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sind in diesem Vergleich wie folgt geregelt worden: Die Klägerin übernahm 7/8 und die Beklagte 1/8 dieser Kosten. Die Kosten des Streithelfers sollte dieser selbst tragen. Nach Ablauf der beiden Parteien eingeräumten Widerrufsfrist ist der Vergleich wirksam geworden.
II.
Der Antrag des Streithelfers, die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu 87,5 % der Klägerin und zu 12 %b der Beklagten aufzuerlegen, ist nur hinsichtlich der auf die Klägerin entfallenden Quote begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sich an den Kosten der Nebenintervention zu beteiligen.
Der Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers ergibt sich aus § 101 Abs. 1 ZPO. Danach sind die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten dem Gegner der unterstützen Hauptpartei in dem Verhältnis aufzuerlegen, in dem er nach Maßgabe der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, hat der Streithelfer die Kosten selbst zu tragen. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist es, den Streithelfer hinsichtlich der ihm entstandenen Kosten grundsätzlich genauso zu behandeln wie die von ihm unterstützte Hauptpartei gegenüber der gegnerischen Partei (BGH NJW 1967, 983; OLG Köln NJW-RR 1995, 1215). Diese kostenmäßige Gleichstellung des Streithelfers mit der vom ihm unterstützten Partei (sog. Grundsatz der Kostenparallelität) gilt nach h.M auch für den Fall, daß die Parteien einen Vergleich ohne Mitwirkung des Streithelfers abschließen (Senat AnWBl. 1985, 587; OLG Hamm 26. ZS MDR 1990, 252; OLG München OLGZ 1992, 326; MDR 1998, 989; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 101 Rn 4; Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 106 Rn. 6/10; Bork in Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 101 Rn. 7; Schneider MDR 1983, 801). Die in § 101 Abs. 1 ZPO enthaltene Verweisung auf § 98 ZPO ist so zu verstehen, daß "nicht nur im Fall des Eingreifens dieser Regel, sondern überhaupt, wenn im Vergleichswege der Gegner der Hauptpartei die Kosten des Rechtsstreits ganz oder teilweise übernimmt, diese Regelung auch zu Gunsten des Nebenintervenienten gelten soll" (BGH NJW 1961, 460, 461). Dementsprechend geht auch eine vergleichsweise getroffene Kostenregelung der gesetzlich vorgesehenen Kostenverteilung in Form der Kostenaufhebung vor. Die Verteilung der Nebeninterventionskosten zwischen dein Streithelfer und der Gegenpartei entspricht dann stets der Quote, die die Parteien in dein ohne Mitwirkung des Streithelfers geschlossenen Vergleich für die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits vereinbart haben (Senat AnwBl. 1985, 581 m.w.N.; Zöller/Herget a.a.O. § 101 Rn. 10 m.w.N.; Belz in Münchener Kommentar zur ZPO § 101 Rn 29 m.w.N.; Bork in Stein-Jonas a.a.O. 107 Rn. 7; Schneider a.a.O.).
Für die Entscheidung über die Kosten der Streithilfe ist selbst dann der Inhalt des ohne Mitwirkung des Streithelfers geschlossenen Vergleichs maßgeblich, wenn die Parteien - wie hier - den Anspruch des Nebenintervenienten ausdrücklich ausgenommen haben. Ohne Zustimmung des Streithelfers können die Prozeßparteien seinen Kostenerstattungsanspruch nicht beschneiden (BGH NJW 1967, 983; OLG Köln JurBüro 1989, 102, 103; OLG München OLGZ 1992, 326, 328; MDR 1998, 989; Thomas/Putzo a.a.O. § 101 Rn. 4; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 101 Rn. 23; Zöller/Herget a.a.O. § 101 Rn. 8; Belz in Münchener Kommentar a.a.O. § 101. Rn. 30; Bork in Stein-Jonas a.a.O. § 101 Rn. 7 a.E.; Schneider MDR 1983, 801, 802; a....