Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung eines Erbscheines

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 20.03.1992; Aktenzeichen 5 T 68/92)

AG Coesfeld (Aktenzeichen 10 VI 41/90)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 1) ist die überlebende Ehefrau des Erblassers, die Beteiligten zu 2) bis 4) sind die aus der Ehe hervorgegangenen gemeinschaftlichen Kinder.

Der Erblasser, dessen Nachlaß nach Angaben der Beteiligten im wesentlichen zwei bebaute Grundstücke in C. umfaßt, nahm im November 1989 die Beratung des Notars B. aus G. betreffend die Errichtung einer letztwilligen Verfügung in Anspruch. Zu diesem Zeitpunkt trug der Erblasser nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten ständig mehrere Schriftstücke bei sich, auf denen er privatschriftliche Testamente, gegebenenfalls auch nur Testamentsentwürfe, niedergeschrieben hatte. Zu diesen Schriftstücken gehörte das Original einer „Bescheinigung”, in der es heißt:

„Nach meinem Tode soll meine Frau … alleinige Erbin sein.”

Von diesem von dem Erblasser unter Hinzufügung des Ortes C. und des Datums 07.11.1973 unterschriebenen Schriftstück befindet sich eine mit Blaupause hergestellte Durchschrift bei den Testamentsakten; dieses zusätzlich mit der Unterschrift der Beteiligten zu 1) versehene Schriftstück ist am 01.03.1990 eröffnet worden.

Zu der Errichtung einer notariellen letztwilligen Verfügung des Erblassers ist es nicht gekommen. Nach dem Tode des Erblassers hat Notar B. einen offenen mit der Aufschrift „Gemeinschaftliches Testament” versehenen Umschlag zu den Testamentsakten eingereicht. Der Umschlag enthielt ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament, das von dem Amtsgericht am 08.02.1990 eröffnet worden ist. Dieses gemeinschaftliche Testament enthält nach der Bezeichnung der testierenden Eheleute lediglich eine gegenseitige Einsetzung der Ehegatten als Alleinerben. Es folgen sodann zwei Unterschriftszeilen, die jeweils mit dem Ort C. und dem Datum 25. November 1989 überschrieben sind. In der ersten Unterschriftszeile befindet sich am rechten Blattrand die Unterschrift des Erblassers „B. U.”, die zweite Unterschriftszeile ist von der Beteiligten zu 1) unterschrieben. Der gesamte Text des. Testamentes einschließlich der Orts- und Zeitangaben in den Unterschriftszeilen stammt von der Hand der Beteiligten zu 1).

Aufgrund dieses gemeinschaftlichen Testamentes hat die Beteiligte zu 1) zu notarieller Urkunde vom 16.02.1990 (UR-Nr. … 1990 Notar B. in G.) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin ausweisen soll.

Diesem Antrag ist die Beteiligte zu 2) entgegengetreten. Sie hat ohne Vortrag näherer Einzelheiten geltend gemacht, der Erblasser sei möglicherweise am 25.11.1989 nicht mehr testierfähig gewesen. Im übrigen müsse davon ausgegangen werden, daß der Erblasser noch weitere letztwillige Verfügungen errichtet habe.

Der Richter des Amtsgerichts hat am 27.05.1990 den beantragten Erbschein erteilt. Eine Ausfertigung des Erbscheines ist der Beteiligten zu 1) zu Händen des Urkundsnotars am 13.06.1990 ausgehändigt worden.

Gegen die Erteilung des Erbscheines hat zunächst die Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 22.01.1992 Beschwerde eingelegt, der der Richter des Amtsgerichts mit Verfügung vom 21.01.1992 nicht abgeholfen hat. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben sodann am 17.02.1992 zur Niederschrift des Berichterstatters der Beschwerdekammer des Landgerichts erneut gemeinschaftlich Beschwerde gegen die Erteilung des Erbscheines eingelegt. Zur Begründung haben sie in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen:

Das vorliegende „gemeinschaftliche Testament” sei in der Weise zustandegekommen, daß der Erblasser zunächst seine Unterschrift blanko auf ein ihm von der Beteiligten zu 1) vorgelegtes Blatt geschrieben habe. Die Beteiligte zu 1) habe zu einem späteren Zeitpunkt den gesamten Text des Testamentes um die Unterschrift des Erblassers herumgeschrieben. Dieser Hergang ergebe sich aus den folgenden Umständen:

Die Beteiligte zu 1) habe während eines Krankenhausaufenthaltes des Erblassers in der Zeit vom 06. bis zum 22.12.1989 der Beteiligten zu 2) und ihrem Ehemann mehrere Zettel gezeigt, auf denen sich Blankounterschriften des Erblassers befunden hätten. Die Beteiligte zu 1) habe dazu erklärt: „Ich habe ihn seine Unterschrift üben lassen, Ihr seht, daß er es noch kann.” Am letzten Montag im November 1989 habe im elterlichen Hause ein Gespräch mit beiden Töchtern stattfinden sollen, bei dem im einzelnen habe geregelt werden sollen, was jedem der Kinder im Falle des Todes eines Elternteils zustehen sollte. Es habe dem Bestreben des Erblassers entsprochen, alle Kinder gleichmäßig zu bedenken. Das geplante Gespräch habe wegen einer terminlichen Verhinderung des Notars B. dann an dem folgenden Dienstag stattgefunden, an dem die Beteiligte zu 3) jedoch nicht habe erscheinen können. An diesem Tag sei es zu einer Regelung nicht gekommen. ...

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