Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafvollstreckung: Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht
Leitsatz (amtlich)
1. Die im Rahmen der Führungsaufsicht ausgesprochene Verpflichtung zur Anzeige eines Wohnsitzwechsels ist gemäß § 8b Abs. 1 Ziff. 8 StGB nur gegenüber der Aufsichtsstelle und nicht gegenüber einer anderen Dienststelle oder im Verhältnis zum Bewährungshelfer als strafbewehrte Weisung möglich. Eine diesbezügliche Meldepflicht bei dem Bewährungshelfer kann dem Verurteilten aber nicht - nicht strafbewehrte - Weisung nach § 68b Abs. 2 StGB auferlegt werden (insofern a.A. OLG Koblenz, Beschluss vom 14.07.2014 - 2 Ws 340/14 -, juris).
2. Eine strafbewehrte Weisung gemäß § 68b Abs. 1 Ziff. 9 StGB, sich im Falle der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsplatzvermittlung zugelassenen Stelle zu melden verstößt gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot, sofern nicht auch der Zeitpunkt angeordnet ist, bis zu dem eine solche Meldung zu erfolgen hat und ab dessen Überschreitung eine Strafbarkeit gegeben ist.
3. Die nicht näher konkretisierte Verpflichtung, den Anordnungen des Bewährungshelfers Folge zu leisten, findet in § 68b StGB keine hinreichende Rechtsgrundlage; eine in die Handlungsfreiheit des Verurteilten eingreifende Regelung darf dem Bewährungshelfer nicht vorbehalten bleiben, sondern ist vom Gericht selbst vorzunehmen.
Normenkette
StGB § 68b Abs. 1 Nrn. 8-9, Abs. 2
Verfahrensgang
AG München (Entscheidung vom 15.06.2016; Aktenzeichen 1112 Ls 363 Js 137811/15) |
LG Dortmund (Aktenzeichen 64 StVK 601/17) |
Tenor
- Die sofortige Beschwerde gegen die in dem angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung, dass der Eintritt der Führungsaufsicht nach § 68 f Abs. 1 StGB nicht entfällt, wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.
Auf die einfache Beschwerde wird der Beschluss vom 06.09.2017 hinsichtlich der unter Ziffer 3 b, c und e, Nr. 2 getroffenen Weisungen aufgehoben.
Im Übrigen wird die einfache Beschwerde als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der einfachen Beschwerde - an die 64. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.
Gründe
I.
Gegen den Verurteilten ist durch Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - München vom 15.06.2016 (1112 Ls 363 Js 137811/15) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Strafaussetzung zur Bewährung verhängt worden. Die Strafe ist seit dem 01.11.2017 vollständig verbüßt.
Die 64. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund hat mit Beschluss vom 06.09.2017 unter Ziffer 1. entschieden, dass die kraft Gesetzes nach vollständiger Verbüßung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - München vom 15.06.2016 mit der Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft gemäß § 68 f Abs. 1 StGB eintretende Führungsaufsicht nicht entfällt und die gesetzliche Höchstdauer der Führungsaufsicht unter Ziffer 2 auf drei Jahre abgekürzt.
Unter Ziffer 3. des Beschlusses hat sie dem Verurteilten die folgenden Weisungen erteilt:
"a)
Er wird der Aufsicht und Leitung eines noch zu benennenden Bewährungshelfers unterstellt.
Er hat mindestens einmal im Monat, spätestens bis zum 15. eines jeden Monats, persönlich in der Dienststelle der Bewährungshilfe vorzusprechen und
den Vorladungen der Aufsichtsstelle und der Bewährungshilfe Folge zu leisten, § 68 b Abs. 1 Ziff. 7 StGB.
b)
Er hat unverzüglich nach der Entlassung festen Wohnsitz zu nehmen. Er hat jeden Wohnsitzwechsel und Arbeitsplatzwechsel unverzüglich der zuständigen Bewährungshilfe zu melden, §68 b Abs. 1 Ziff 8 StGB.
c)
Er hat sich im Falle der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden, § 68 b Abs. 1 Ziff. 9 StGB
d)
Er hat sich des Konsums von Betäubungsmitteln nach dem Betäubungsmittelgesetz und von als Ersatzdroge geeigneten Medikamenten oder Ersatzstoffen (wie z.B. Benzodiazepine, Pegabalin, synthetische Cannabinoide, Spice, Lyrica, etc) strikt zu enthalten und zur Kontrolle nach näherer Weisung der Bewährungshilfe einmal monatlich jeweils bis zum 10. eines Monats bei dem am Wohnsitz zuständigen Gesundheitsamt eine Urinprobe abzugeben, die durch das Gesundheitsamt auf Betäubungsmittelkonsum untersucht wird, § 68 b Abs. 1 Ziff. 10 StGB. Die Kosten der Suchtmittelkontrollen trägt - bis auf weiteres - die Staatskasse. Das Ergebnis dieser Tests hat er sodann unverzüglich der Bewährungshilfe sowie der Kammer mitzuteilen.
e)
Er wird ferner angewiesen (§ 68 b Abs. 2 StGB)
1.
sich im Falle der Arbeitslosigkeit um eine Arbeitsstelle zu bemühen,
2.
den Anordnungen der Bewährungshilfe gewissen zu folgen,
3.
den Wohnort und Arbeitsplatz nicht ohne vorherige Rücksprache mit der Bewährungshilfe zu wechseln.
Gegen diese Entscheidung hat der Verurteilte mit Schreiben vom 06.10.2017, eingegang...