Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung. Berufung. Rechtsfolgenausspruch. Gewerbsmäßigkeit. Betrug. Gesamtstrafe. Zumessungsfehler
Leitsatz (amtlich)
1. Bei § 263 Abs. 3 StGB handelt es sich um keinen selbständigen Straftatbestand, sondern um eine gesetzliche Strafzumessungsregel. Hat der Angeklagte seine Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, stehen die zum gewerbsmäßigen Vorgehen getroffenen Feststellungen nicht bindend fest, so dass das Berufungsgericht insoweit eigene Feststellungen zu treffen hat.
2. Die Zumessung einer Gesamtstrafe ist rechtsfehlerhaft, wenn die Ausführungen in den Urteilsgründen zur Gesamtstrafe derart knapp sind, dass diese nicht mehr als eigenständiger Strafzumessungakt erkennbar und eine Überprüfung der Zumessung der Gesamtfreiheitsstrafe nicht mehr möglich ist.
Normenkette
StGB §§ 54, 263 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Entscheidung vom 01.08.2018) |
LG Bielefeld (Entscheidung vom 29.07.2019; Aktenzeichen 5 Ns 41/18) |
Tenor
Das angefochtene Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 29. Juli 2019 wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Am 1. August 2018 hat das Amtsgericht Bielefeld die Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Betrugs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte Berufung eingelegt und das Rechtsmittel in Bezug auf zwei der drei Tatvorwürfe auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Das Landgericht Bielefeld hat das Verfahren wegen der Tat, gegen die die Berufung nicht auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, vorläufig eingestellt und die Berufung mit Urteil vom 29. Juli 2019 mit der Maßgabe verworfen, dass die Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt wird.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Anklagte mit ihrer Revision vom 29. Juli 2017. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu erneuter Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
II.
Die zulässige Revision hat in der Sache zumindest vorläufigen Erfolg und führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang gem. § 354 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld. Der Rechtsfolgenausspruch hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Wenngleich die Strafzumessung grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters ist, dessen Wertung vom Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren zu respektieren ist (BGH, Beschluss vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80 -; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 62. Auflage 2019, § 337, Rn. 34 m. w. N.), stellen sich die Strafzumessungserwägungen nicht frei von Rechtsfehlern dar.
1.
Das Landgericht hat seiner Zumessung der Einzelstrafen jeweils den für besonders schwere Fälle des Betrugs vorgesehenen Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt, ohne Feststellungen zur Frage der angenommenen Gewerbsmäßigkeit (§ 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB) getroffen zu haben.
Von eigenen Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung war die Strafkammer trotz wirksamer Beschränkung der Berufung nicht befreit. Eine innerprozessuale Bindung an die entsprechenden Feststellungen des Amtsgerichts bestand nicht. Umfasst von der Bindungswirkung der mit einer wirksamen Berufungsbeschränkung eintretenden horizontalen Teilrechtskraft sind in erster Linie die Tatsachen, in denen Tatbestandsmerkmale zu finden sind, darüber hinaus die weitergehenden Feststellungen zum Tatgeschehen im Sinne des geschichtlichen Vorgangs und die Tatsachen, aus denen der Beweis abgeleitet wird. Dies gilt auch dann, wenn sie als sogenannte doppelrelevante Feststellungen zugleich für den Schuldspruch Bedeutung haben (KG Berlin, Beschluss vom 11. Dezember 2017 - (5) 161 Ss 161/17 (77/17) -, juris; Schmitt, a. a. O., Einl. Rn. 187 m. w. N.).
Bei § 263 Abs. 3 StGB handelt es sich um keinen selbstständigen Straftatbestand, sondern um eine gesetzliche Strafzumessungsregel (Fischer, StGB, 66. Auflage 2019, § 263, Rn. 209). Ist die Gewerbsmäßigkeit der Tat als Regelbeispiel für einen Straferschwerungsgrund ausgestaltet, so ist sie allein für die Strafzumessung relevant. Es handelt sich weder um einen Umstand, der den Schuldspruch trägt, noch - zumindest im vorliegenden Fall - um einen doppelrelevanten Umstand, der Schuld- und Strafausspruch gleichermaßen berührt. Für die Frage, wann Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander verknüpft sind, dass ein die Strafbarkeit erhöhender oder mindernder Umstand eine doppelrelevante Tatsache darstellt, kommt es neben der besonderen Lage des Einzelf...