Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenstandssache. Weigerung des Standesbeamten des Standesamtes Bielefeld, für das am 03.05.2000 geborene Kind der Frau … C. und des Herrn … C. den Vornamen „Ogün” in das Geburtenbuch einzutragen
Leitsatz (amtlich)
„Ogün” kann als männlicher Vorname nur erteilt werden, wenn ein zweiter – eindeutig männlicher – Vorname hinzugefügt wird.
Normenkette
BGB § 1626; PStG § 21
Beteiligte
2. der Oberbürgermeister der Stadt Bielefeld – Standesamtsaufsicht – |
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Aktenzeichen 3 III 58/00) |
LG Bielefeld (Aktenzeichen 25 T 520/00) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts vom 28. Juli 2000 werden aufgehoben.
Der Standesbeamte des Standesamts Bielefeld wird angewiesen, den Vornamen „Ogün” nicht einzutragen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.
Der Geschäftswert wird für das Verfahren der ersten Beschwerde und das Verfahren der weiteren Beschwerde auf je 5.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1) sind türkische Staatsangehörige und haben am 01.09.1986 in der Türkei die Ehe geschlossen. Sie wollen ihrem am 03.05.2000 geborenen Sohn den Vornamen „Ogün” geben. Der Standesbeamte des Standesamtes Bielefeld hat die Sache dem Amtsgericht Bielefeld zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob die Eintragung des Vornamens „Ogün” in das Geburtenbuch vorzunehmen ist. Er vertritt die Auffassung, dieser Name sei nach den ihm vorliegenden Unterlagen sowohl für Jungen als auch für Mädchen möglich und deshalb nach deutschem Recht als einziger Vorname unzulässig. Die Beteiligten zu 1) sind nicht bereit, dem Kind einen anderen oder einen zweiten Vornamen beizulegen.
Durch Beschluß vom 28.07.2000 hat das Amtsgericht den Standesbeamten angewiesen, für das Kind der Beteiligten zu 1) den Vornamen „Ogün” zu beurkunden. Gegen diese ihm nicht zugestellte Entscheidung legte der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 11.08.2000 sofortige Beschwerde ein, die das Landgericht mit Beschluß vom 05.10.2000 zurückwies.
Gegen diese ihm am 11.10.2000 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2), die am 19.10.2000 bei dem Landgericht eingegangen ist.
II.
Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2) ist statthaft, in rechter Form und Frist eingelegt worden und auch sonst zulässig (§§ 49 Abs. 1 und 2 PStG in Verbindung mit §§ 27, 29 FGG). Da durch die vom Landgericht bestätigte Entscheidung der Standesbeamte zur Vornahme einer Amtshandlung angehalten worden ist, findet gemäß § 49 Abs. 1 Satz 1 PStG das befristete Rechtsmittel statt, nach § 29 Abs. 2 FGG mithin die sofortige weitere Beschwerde. Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2) als Standesamtsaufsichtsbehörde ergibt sich aus § 49 Abs. 2 PStG.
Die sofortige weitere Beschwerde ist auch begründet, weil die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 FGG).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen sofortigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 2) nach § 49 PStG ausgegangen. Dem Beteiligten zu 2) war die Entscheidung des Amtsgerichts entgegen § 16 Abs. 2 FGG nicht zugestellt worden. Mit der formlosen Bekanntmachung der amtsgerichtlichen Entscheidung begann die Frist des § 22 Abs. 1 FGG nicht zu laufen.
Da die hier zu beurteilende Angelegenheit wegen der türkischen Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu 1) und der hierdurch bedingten türkischen Staatsangehörigkeit des Kindes neben der Deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes (§ 4 Abs. 3 StAG) Auslandsberührung aufweist, war neben der örtlichen und sachlichen auch die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts, also dessen Befugnis, sich mit der Sache zu befassen, zu prüfen. Diese internationale Zuständigkeit wird durch die im deutschen Verfahrensrecht vorgesehene Mitwirkung der örtlichen Gerichte bei der Führung der Personenstandsbücher begründet, falls die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer gerichtlichen Tätigkeit, wie sie sich aus dem Personenstandsgesetz ergeben, vorliegen (ständige Rechtsprechung des Senats, StAZ 1985, 131 m.w.N.). Das ist hier gemäß § 45 Abs. 2 PStG zu bejahen, wobei das Amtsgericht Bielefeld nach § 50 PStG für die vom Standesbeamten beantragte Entscheidung örtlich und sachlich zuständig war.
Gemäß Artikel 10 Abs. 1 EGBGB unterliegt das Recht des Namens einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Für die Erteilung des Vornamens des Kindes, das sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, ist deutsches Recht maßgeblich, Artikel 10 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB (vgl. Palandt/Heldrich, 60. Auflage, Artikel 10 EGBGB Rdnr. 19; OLG Frankfurt, StAZ 2000, 238).
Das Recht, einem Kind einen Vornamen zu geben, steht dem Sorgeberechtigten zu (§ 1626 BGB; vgl. hierzu Diederichsen NJW 1981, 705). Allgemein verbindliche Vorschriften über die Wahl und die Führung von Vornamen gibt es zur Zeit nicht. Die freie Wahl der Vornamen ist deshalb nur dadurc...