Vornamen „Siri“ oder „Alexa“: Recht auf Namensänderung?

Das Recht auf Änderung eines auf einen gebräuchlichen Sprachassistenten lautenden Vornamens besteht nach einem Urteil des VG Göttingen grundsätzlich dann, wenn der Vorname zu seelischen Belastungen des Namensträgers führt.

Dies hat das VG im Fall eines Mädchens im Vorschulalter mit dem Vornamen Alexa entschieden. Der mit dem Namen eines bekannten Sprachassistenten identische Vorname führte zu häufigen Frotzeleien im Bekannten- und Freundeskreis des Mädchens.

Name Alexa inspirierte zur Erteilung von Befehlen

„Alexa, mach mal sauber… Alexa, zieh die Rollläden hoch“ waren die harmloseren Befehlsvarianten, mit denen sich das Mädchen mit zunehmendem Alter immer häufiger konfrontiert sah. Der Vorname Alexa verführte besonders ihre Freundinnen und Freunde immer wieder zu entsprechenden Frotzeleien.

Standesamt wies Antrag auf Namensänderung ab

Den Antrag der Eltern des Mädchens beim Standesamt auf Namensänderung durch Hinzufügung eines 2. Vornamens wies die zuständige Stadtverwaltung ab. Die Stadt verwies auf § 3 Abs. 1 NamÄndG. Nach dieser Vorschrift komme die Änderung eines Vornamens nur dann in Betracht, wenn ein wichtiger Grund die Änderung erfordere. Ein solcher wichtiger Grund sei im Fall des Vornamens Alexa nicht zu erkennen.

Klage auf Hinzufügung eines 2. Vornamens

Die Eltern von Alexa beschritten daraufhin den Gerichtsweg und klagten namens ihrer Tochter vor dem VG auf Namensänderung. Sie stützen ihre Forderung auf Hinzufügung eines 2. Vornamens auf die erhebliche seelische Belastung ihrer Tochter infolge der häufigen Frotzeleien. Die psychische Belastung werde sich in Zukunft wahrscheinlich noch erheblich steigern, sobald die Tochter die Schule besuche.

Vorname Alexa kein rechtlich relevanter Anlass für eine Namensänderung?

Die beklagte Stadt wandte ein, die angebliche seelische Belastung der Tochter sei weder durch ärztliche noch durch psychologische Gutachten oder Stellungnahmen belegt. Der Wunsch zur Namensänderung entspringe in Wahrheit einer nachträglichen Reue der Eltern an der Namensgebung. Auch viele andere Vornamen könnten Anlass für Frotzeleien sein. Die Identität des Vornamens mit dem Namen eines bekannten Produkts sei kein rechtlich relevanter Anlass für eine Namensänderung. Es bestehe vielmehr ein öffentliches Interesse an der Kontinuität eines einmal gewählten Namens.

Interessenabwägung erforderlich

Das angerufene VG zeigte mehr Verständnis für die psychischen Probleme der Klägerin infolge ihres Vornamens. Nach Auffassung des VG liegt ein wichtiger Grund für eine Namensänderung dann vor, wenn die privaten Interessen an einer Namensänderung das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des Namens überwiegen. Eine seelische Belastung infolge eines Namens könne ein wichtiger Grund für eine Namensänderung sein, wenn der Wunsch zur Namensänderung nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und nachvollziehbar sei.

Seelische Belastung plausibel dargelegt

Das VG stellte klar, dass der Begriff der seelischen Belastung in diesem Kontext keine behandlungsbedürftige psychische Krankheit voraussetze. Die von den Eltern des Mädchens beschriebenen Vorfälle, bei denen die Klägerin wegen ihres Vornamens belästigt und geärgert worden sei, seien nachvollziehbar und nach der Bewertung des Gerichts nicht aus der Luft gegriffen. Die Klägerin sei aufgrund ihres jungen Alters nicht in der Lage, solchen Hänseleien argumentativ oder auf andere Weise angemessen zu begegnen. Sie sei diesen Situationen vielmehr hilflos ausgeliefert. Es sei auch in Zukunft zu erwarten, dass die Nennung ihres Vornamens bei einige Personen eine Art Schlüsselreiz auslöse, der zur Erteilung von Befehlen anrege, die zwar in der Regel lustig gemeint, für die junge Klägerin aber dennoch psychisch belastend seien.

Klägerin hat Anspruch auf Namensänderung

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass nur durch eine Namensänderung die Klägerin in Zukunft, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die herannahende Schulzeit, vor beleidigenden und erniedrigenden Befehlen geschützt werden könne. Damit gehe die Interessenabwägung zugunsten der Klägerin aus. Deren persönliches Interesse an einer Änderung des Vornamens überwiege das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Namens. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin den bisherigen Vornamen Alexa beibehalten und lediglich um einen weiteren 2. Vornamen ergänzen wolle. Damit bleibe auch der mit dem bisherigen Vornamen der Klägerin verbundene Wiedererkennungswert erhalten.

(VG Göttingen, Urteil v. 21.6.2022, 4 A 79/21)



Schlagworte zum Thema:  Verwaltungsgericht