Leitsatz (amtlich)
1. Das Kindeswohlinteresse bildet bei der Beurteilung der Frage, ob der Vater eines nichtehelichen Kindes trotz fehlender Zustimmung der Mutter zur gemeinsamen Sorgerechtsausübung entgegen der bisherigen Vorschrift des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB an der Sorgetragung für sein Kind zu beteiligen ist, den entscheidenden Prüfungsmaßstab.
2. Für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge bedarf es eines Mindestmaßes an Verständigungsmöglichkeiten der getrennt lebenden Elternteile, wobei eine bloße Pflicht zur Konsensfindung eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit nicht zu ersetzen vermag.
Normenkette
BGB § 1626a
Verfahrensgang
AG Borken (Aktenzeichen 32 F 19/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zwar gem. §§ 76 FamFG, 127,567 ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Rechtsverfolgung des Antragstellers kommt keine hinreichende Erfolgsaussicht zu, § 114 ZPO. Zur Begründung kann insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfassenden und zutreffenden Ausführungen des AG in dem angegriffenen Beschluss sowie weiterhin in dem Nichtabhilfebeschluss vom 6.4.2011 verwiesen werden.
Insbesondere hat das AG die rechtlichen Folgerungen aus dem Beschluss des BVerfG vom 21 7. 2010 (FamRZ 2010, 1403 ff.) zutreffend wiedergegeben. Danach bildet das Kindeswohlinteresse bei der Beurteilung der Frage, ob der Vater eines nichtehelichen Kindes trotz fehlender Zustimmung der Mutter zur gemeinsamen Sorgerechtsausübung entgegen der bisherigen Vorschrift des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB an der Sorgetragung für sein Kind zu beteiligen ist, den entscheidenden Prüfungsmaßstab. Für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge bedarf es eines Mindestmaßes an Verständigungsmöglichkeiten der getrennt lebenden Elternteile, wobei eine bloße Pflicht zur Konsensfindung eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit nicht zu ersetzen vermag. Denn nicht schon das Bestehen der Pflicht allein ist dem Kindeswohl dienlich, sondern erst die tatsächliche Pflichterfüllung, die sich in der Realität nicht verordnen lässt (BGH FamRZ 2008, 592). Die am Kindeswohl auszurichtende rechtliche Organisationsform der Elternsorge ist grundsätzlich kein geeignetes Instrument zur Sanktionierung desjenigen Elternteiles, der es an einer Kooperationsfähigkeit oder -willigkeit fehlen lässt. In diesen Fällen ist eine erzwungene Aufrechterhaltung bzw. Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich. Dass jedoch keinerlei Kommunikation zwischen den Kindeseltern stattfindet - zumal dem Antragsteller auf Veranlassung der Antragsgegnerin noch nicht einmal deren Anschrift bekannt ist, so dass schon hieran jegliche Kommunikationsmöglichkeiten scheitern - und in den letzten Jahren stattgefunden hat, trägt der Antragsteller selbst vor.
Fundstellen
Haufe-Index 2737897 |
FamRZ 2011, 1962 |