Leitsatz (amtlich)
1. Ein Arzt muss den Patienten vor einem relativ indizierten Eingriff grundsätzlich nicht über die Möglichkeit eines Aufschiebens oder gänzlichen Unterlassens der Operation aufklären, wenn er von einer entsprechenden Kenntnis des Patienten - ohne Fehlvorstellung über die Risiken des Nichtstuns - ausgehen darf (Abgrenzung zu BGH VersR 1997, 451).
2. Zur Aufklärungspflicht des Arztes, der eine andernorts durchzuführende Operation empfiehlt.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1
Tenor
In dem Rechtsstreit gegen
weist der Senat nach Vorberatung darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers gegen das am 16.01.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Hagen durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Der im Jahr 1966 geborene Kläger unterzog sich am 21.04.2010, 08.02.2011 und 17.02.2011 jeweils einer Wirbelsäulenoperation im Gemeinschaftskrankenhaus I. Der Beklagte, ein niedergelassener Neurochirurg, hatte den Beklagten [richtig: den Kläger - Anmerkung der Redaktion] erstmals am 09.04.2010 untersucht und eine Operationsindikation wegen therapieresistenter Beschwerden bejaht. Am 14.01.2011 stellte sich der Kläger erneut mit Beschwerden in der Praxis des Beklagten vor.
Der Kläger hat dem Beklagten erstinstanzlich Behandlungsfehler und Aufklärungsmängel vorgeworfen und behauptet, dass die genannten Operationen zu einer deutlichen Verschlechterung seines Zustands geführt hätten. Er hat ein angemessenes Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 15.000 EUR gefordert (100.000 EUR abzüglich 85.000 EUR, die aufgrund eines Vorprozesses gegen die Trägerin des Gemeinschaftskrankenhauses I gezahlt wurden). Zudem hat er einen rückständigen Haushaltsführungsschaden i.H.v. 67.680 EUR, einen laufenden Haushaltsführungsschaden i.H.v. 779,40 EUR monatlich sowie einen Verdienstausfallschaden i.H.v. 30.015 EUR behauptet und geltend gemacht. Schließlich hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz materieller und nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden begehrt. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und zur näheren Darstellung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Parteien persönlich angehört, die Zeugin U vernommen und ein neurochirurgisches Gutachten des Sachverständigen PD Dr. L eingeholt. Sodann hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Behandlungsfehler des Beklagten nicht feststellbar sei, dem Beklagten auch kein Aufklärungsversäumnis vorzuwerfen sei und im Übrigen von einer hypothetischen Einwilligung des Klägers in die Operation vom 21.04.2010 auszugehen sei.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge unverändert weiter.
Der Kläger akzeptiert die Feststellung des Landgerichts, dass die Operationsempfehlung des Beklagten vom 09.04.2010 nicht fehlerhaft gewesen sei. Er hält jedoch daran fest, dass der Beklagte wegen einer unzureichenden Eingriffsaufklärung für die Operation vom 21.04.2010 bzw. deren Folgen hafte. Der Beklagte habe ihn nicht über die Möglichkeit einer abwartenden Behandlung bzw. des Nichtstuns aufgeklärt, was in Anbetracht der relativen Operationsindikation geboten gewesen wäre. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hafte der Beklagte auch unter dem Aspekt einer unzureichenden Risikoaufklärung, da er die Risikoaufklärung nach eigenem Vortrag sehr wohl übernommen habe. Von einer hypothetischen Einwilligung, so der Kläger weiter, sei nicht auszugehen. Das Landgericht habe verkannt, dass an den Nachweis der hypothetischen Einwilligung strenge Anforderungen zu stellen seien. Er, der Kläger, habe im Rahmen seiner persönlichen Anhörung einen plausiblen Entscheidungskonflikt dargelegt und dabei nicht aus der Sicht ex post argumentiert.
Der Kläger macht weiterhin geltend, dass die Behandlung am 14.01.2011 fehlerhaft gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt, so der Kläger, hätte der Beklagte das Wirbelgleiten kennen und für den Fall einer weiteren Operation zu einer Versteifung raten müssen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Überprüfung stand. Sie beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung. Dem Kläger stehen keine vertraglichen oder deliktischen Ansprüche gegen den Beklagten aus der streitgegenständlichen Behandlung zu.
Zur näheren Begründung wird zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ist ergänzend Folgendes auszuführen:
1. Der Beklagte haftet nicht wegen einer unzureichenden Aufklärung für die Operation vom 21.04.2010 und deren Folgen.
a) Der...