Verfahrensgang

AG Hagen (Beschluss vom 12.12.1979; Aktenzeichen 58 F 160/77)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird in Z. 2) abgeändert. Von dem Versicherungskonto Nr. 11 280317 H 023 des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen werden auf das Versicherungskonto Nr. 11 291034 0 556 der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Hohe von monatlich 144,84 DM, bezogen auf den 30.06.1976, übertragen.

Die Kosten des Verfahrens werden im Verhältnis der Parteien gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die am 28.10.1953 geschlossene Ehe der Parteien ist rechtskräftig und wirksam geschieden, nachdem die Scheidungsklage am 23.07.1976 zugestellt worden war (Ehezeit 01.10.1953– 30.06.1976).

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß den Versorgungsausgleich der Parteien durchgeführt. Im Wege des Splittings (§ 1587 b Abs. 1 BGB) hat es von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 1) Rentenanwartschaften von monatlich 135,80 DM auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen. Dabei hat es während der Ehezeit erworbene Anwartschaften der Parteien aus der gesetzl. Rentenversicherung von 427,30 DM (Antragsgegner) und 105,20 DM (Antragstellerin), sowie eine unverfallbare Anwartschaft der Antragstellerin auf Versorgungsrente bei der Beteiligten zu 2) in Höhe von monatlich 50,50 DM berücksichtigt (427,30 – ((105,20 + 50,50)): 2 = 135,80), jedoch eine Betriebsrente des Antragsgegners von monatlich 52,– DM, die ihm von der Fa. Krupp seit dem 01.06.1978 gezahlt wird, außer Betracht gelassen, weil die Anwartschaft bei Eheende noch nicht unverfallbar gewesen sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1) mit dem Antrag, die Betriebsrente des Antragsgegners in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Die zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

Das Amtsgericht hat zu unrecht die Betriebsrente des Antragsgegners außer Betracht gelassen.

Denn die seit dem 01.06.1978 gezahlte Werkrente war schon vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zur Vollrente erstarkt und unverfallbar geworden. Der Versorgungsausgleich einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung ist aber auch dann durchzuführen, wenn die Unverfallbarkeit erst nach Rechtshängigkeit (hier 23.07.1976) jedoch vor Erlaß der familiengerichtlichen Entscheidung (hier 12.12.1979) eintritt (so auch OLG Hamm, 4. FamS., Beschluß vom 29.05.79 = 4 UF 23/79; OLG Celle, Beschluß vom 06.07.79 = 18 UF 55/79). Im übrigen ist das Amtsgericht mit der erst am 30.09.1979 unverfallbar gewordenen Anwartschaft der Antragstellerin aus der Kommunalen Zusatzversorgungskasse ebenso verfahren. Dem Arbeitsgericht ist zwar zuzugeben, daß der Fall, daß die Betriebszugehörigkeit – wie hier – bei Rechtshängigkeit noch fortbestand, vor der Entscheidung über die Versorgungsausgleiche aber – wie hier vorzeitige Pensionierung am 31.05.1977 – beendet war, gesetzlich ausdrücklich nicht geregelt ist (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB). Eine entsprechende Anwendung von § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b BGB erscheint jedoch sachgerecht. Denn nach Beendigung der Betriebszugehörigkeit und nach Erstarkung der Anwartschaft zur Vollrente vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist eine ähnliche Sachlage entstanden wie in den Fällen, in denen die Betriebszugehörigkeit bereits bei Eintritt der Rechtshängigkeit der Scheidungssache beendet war: Eine exakte Berechnung der in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften ist nunmehr – im Gegensatz zur fortdauernden Betriebszugehörigkeit möglich. Weil feststeht, daß die Anwartschaft nicht mehr anwachsen kann, braucht auch keine fiktive Versorgung bei Erreichen der festen Altesgrenze berechnet zu werden.

Damit ergibt sich folgende Berechnung:

Die Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners bei der Fa. Krupp von jährlich 624,– DM wurde während einer Betriebszugehörigkeit von 87 Monaten (10.03.71–01.06.78 Bl. 53) erworben. Davon entfallen auf die Ehezeit 64 Monate (10.03.71–30.06.76). In der Ehezeit wurde daher eine Anwartschaft von 624 × 64/87 = 459,03 DM erworben.

Da es sich um eine nicht dynamische Anwartschaft handelt, ist eine Umrechnung nach der BarwertVO erforderlich (§ 2 II Barw.VO und Tabelle 1 der Anlage). Der Antragsgegner war beim Ende der Ehezeit 59 Jahre alt, der Multiplikator ist also 6,3 × 459,03 = 2.891,89 Barwert. Dieser Barwert entspricht einer dynamischen Anwartschaft in der gesetzl. Rentenversicherung in Höhe von 2.891,89 × 0,0272585 = 78,82974 Werteinheiten × 0,2292125 = 18,07 DM monatlich. (Z. 5 u. 2 der Bekanntmachung der Rechengrößen zur Durchführung des VA v. 15.09.79 Bundesanzeiger Nr. 183).

Zum Ausgleich stehen also

beim Antragsgegner

427,30

Anw. LVA (Bl. 29)

+

18,07

dyn. Rente an der Betriebsrente

445,37

DM

bei der Antragstellerin

105,20

Anw. LVA (Bl. 13)

+

50,50

Anw. Kom. ZusatzV. (dynamisch)

155,70

DM

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