Leitsatz (amtlich)
1. In die Anpassung des Versorgungsausgleichs wegen Unterhalt nach den §§ 33 f. VersausglG können nur Anrechte einbezogen werden, die im Wertausgleich bei Scheidung geteilt worden sind. Auf das Anpassungsgeld des BAFA für Bergleute trifft diese Voraussetzung nicht zu.
2. Das Familiengericht hat von Amts wegen (§ 26 FamFG) zu ermitteln, wie hoch der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich wäre.
Normenkette
VersAusglG §§ 33-34; FamFG § 26
Verfahrensgang
AG Lünen (Beschluss vom 10.03.2011; Aktenzeichen 12 F 549/10) |
Nachgehend
Tenor
I) Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 21.3.2011 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Lünen vom 10.3.2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Kürzung der laufenden Versorgung des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See durch den mit Scheidungsverbundurteil des AG Lünen vom 5.10.2009 (Az.: 12 F 158/09) durchgeführten Versorgungsausgleich wird ab Januar 2011 in voller Höhe ausgesetzt.
II) Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Entscheidung des AG. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
III) Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
IV) Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss zu.
Gründe
I. Die Ehe des Antragstellers und der weiteren Beteiligten ist durch Scheidungsverbundurteil vom 5.10.2009 geschieden worden. Im Scheidungsverbund ist der Versorgungsausgleich noch auf der Grundlage des alten Rechts durchgeführt worden. Dabei hat das AG vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der DRV Knappschaft Bahn See (DRV) Rentenanwartschaften i.H.v. 691,74 EUR monatlich, bezogen auf den 31.5.2009, auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen und die Umrechnung des Monatsbetrags der Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte angeordnet. Seit dem 1.1.2011 bezieht der Antragsteller als Bergmann eine Rente der DRV für Bergleute wegen langjähriger Untertagesbeschäftigung und Vollendung des 50. Lebensjahres; hinzu tritt ein Anpassungsgeld vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie ein betrieblicher Zuschuss der RAG. Mit Antrag vom 27.12.2010, bei Gericht eingegangen am 29.12.2010, hat der Antragsteller beantragt, die Rentenkürzung auszusetzen, da er seiner geschiedenen Ehefrau unterhaltspflichtig sei. Mit dieser hatte er am 5.10.2009 einen Vergleich zum nachehelichen Unterhalt geschlossen. Dieser verhält sich aber nur über Unterhaltszahlungen bis Ende 2010. Ab dem 1.1.2011 sollte der Vergleich keine Gültigkeit und keine Präjudizwirkung für ab diesem Zeitraum geschuldeten Unterhalt mehr haben. Das AG hat die Kürzung der laufenden Versorgung des Antragstellers bei der DRV "bis maximal 273,17 EUR" und bei dem BAFA "bis maximal 646,56 EUR" ausgesetzt. Mit ihrer Beschwerde rügt die DRV, dass das Familiengericht bei seiner Entscheidung die konkrete Höhe der Aussetzung nicht festgesetzt, die Höhe des ohne die Kürzung bestehenden Unterhaltsanspruchs der weiteren Beteiligten gegen den Antragsteller nicht berechnet und keinen Beginnzeitpunkt für die Aussetzung festgesetzt habe. Im Beschwerdeverfahren hat der Senat ergänzende Auskünfte der DRV, des BAFA und der RAG eingeholt; auf den Inhalt der Auskünfte wird verwiesen. Ferner hat der Senat Auskünfte der weiteren Beteiligten zur Ermittlung ihres ohne die Kürzung bestehenden Unterhaltsanspruchs eingeholt. Auf den Inhalt des Schriftsatzes der weiteren Beteiligten vom 27.4.2011 (Bl. 51 ff. GA) wird ebenfalls verwiesen. Anschließend hat der Senat die beabsichtigte Entscheidung nebst Begründung angekündigt; auf den Inhalt der hierzu erfolgten Reaktion seitens des Antragstellers mit Schriftsatz vom 27.6.2011 (Bl. 92 f. GA) wird ebenfalls verwiesen.
II. Die Beschwerde der DRV ist zulässig. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. 1) Zu entscheiden ist allerdings nur über eine Aussetzung der Kürzung der von der DRV Knappschaft-Bahn-See dem Antragsteller gewährten Rente. Eine Anwendung des § 33 VersAusglG auf das vom BAFA gewährte Anpassungsgeld, wie vom AG vorgenommen (ebenso OLG Saarbrücken, Beschl. vom 4.5.2011 - 6 UF 138/10) scheidet aus, so dass insoweit eine Entscheidung nicht erfolgt. a) Die §§ 32 ff. VersAusglG sind nur auf Anrechte anzuwenden, die in der Entscheidung zum Wertausgleich bei der Scheidung neuen Rechts oder im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich alten Rechts geteilt worden sind. Das ergibt sich für die Anpassung wegen Unterhalt eindeutig aus dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 VersAusglG. Ausgesetzt werden kann danach nur die Kürzung einer laufenden Versorgung durch den Versorgungsausgleich, die auf der Gegenseite zum Anrechtserwerb der ausgleichsberechtigten Person geführt hat, wenn die ausgleichsberechtigte Person aus dem erworbenen Anrecht noch keine Leistun...