Leitsatz (amtlich)
1. Auch ein zur Sicherung von Darlehensforderungen abgetretenes Anwartschaftsrecht aus einer privaten Altersversorgung ist ein auszugleichendes Anrecht i.S.d. § 2 VersAusglG.
2. Die Frage, ob und - wenn ja - in welcher Höhe ein zur Sicherung einer Darlehensforderungen abgetretenes Anwartschaftsrecht aus einer privaten Altersversorgung im Rahmen des Versorgungsausgleichs auszugleichen ist, kann grundsätzlich nicht im Scheidungsverbundverfahren entschieden werden, sondern muss dem später durchzuführenden Verfahren zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten bleiben.
Normenkette
VersAusglG §§ 2, 19
Verfahrensgang
AG Minden (Beschluss vom 04.12.2012; Aktenzeichen 10 F 94/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 6) wird der am 4.12.2012 erlassene Scheidungsverbundbeschluss des AG - Familiengericht - Minden in seinem Ausspruch zum Versorgungsausgleich im 3. Absatz zu Ziff. II des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Hinsichtlich des Anrechts des Antragsgegners bei der F Lebensversicherung AG (Vers. Nr.:...) mit einem Wert von 19.630,63 EUR (Ehezeitanteil des Rückkaufswertes einschl. gutgeschriebener Überschussanteile ohne Stornoabzug) bleibt der Anspruch der Antragstellerin auf Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gem. den §§ 20 ff. VersAusglG vorbehalten.
Die Kosten für das Beschwerdeverfahren werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Familiengericht hat durch den teilweise angefochtenen Beschluss die Ehe der beteiligten Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es hinsichtlich der gesetzlichen Rentenanwartschaften der Eheleute bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Deutschen Rentenversicherung Westfalen die interne Teilung vorgenommen hat. Hinsichtlich der beiderseitigen Anwartschaften der Eheleute bei der B Lebensversicherungs-AG hat es wegen Geringwertigkeit (§ 18 VersAusglG) von einem Ausgleich abgesehen. Die private Altersversorgung des Antragsgegners bei der F Lebensversicherung AG hat das Familiengericht in der Weise ausgeglichen, dass es im Wege der internen Teilung zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 9.690,32 EUR nach Maßgabe der Teilungsordnung, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.4.2012, übertragen hat.
Hiergegen richtet sich die - form- und fristgerecht eingelegte - Beschwerde der Beteiligten zu 6), die geltend macht, die Anwartschaft bei der F Lebensversicherung AG sei nicht ausgleichsreif, weil sie zur Sicherung an Dritte abgetreten sei. Dem zugrunde liegt ein Sicherungsvertrag zwischen dem Antragsgegner und der Volksbank N e. G. vom 8.7.2012, durch welchen der Antragsgegner seine Rechte aus der betroffenen Lebensversicherung bis zu einer Höhe von 50.000 EUR (Versicherungssumme) an die Bank zur Sicherung eines am 8.2.2012 zur Auszahlung gelangten Darlehens i.H.v. 140.871,25 EUR abgetreten hat.
Die Beteiligte zu 6) regt an, den Ausgleich der bestehenden Rentenanwartschaften des Antragsgegners bei der F Lebensversicherung AG dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten.
Den übrigen Beteiligten und der Volksbank N e. G. ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
II. Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Zwar ist das Familiengericht bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der Anwartschaft des Antragsgegners aus der privaten Altersvorsorge bei der F Lebensversicherung AG, unabhängig von der bestehenden Sicherungsabtretung, um ein gem. § 2 I VersAusglG auszugleichendes Anrecht handelt. Es hat jedoch übersehen, dass das zur Sicherheit an die Bank abgetretene Anrecht derzeit nicht ausgleichsreif i.S.d. § 19 VersAusglG ist.
1) Ob ein sicherungshalber abgetretenes Anwartschaftsrecht aus einer privaten Altersversorgung dem Versorgungsausgleich unterliegt oder nicht ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
a) Nach einer Ansicht führt die Sicherungsabtretung eines Anwartschaftsrechts durch den ausgleichsverpflichteten Ehegatten in einem - vor dem gem. § 5 II VersAusglG maßgeblichen Zeitpunkt seiner Bewertung mit der Entscheidung über den Versorgungsausgleich - dazu, dass es seine Eigenschaft als ausgleichendes Anrecht i.S.d. § 2 VersAusglG verliert. Die Vertreter dieser Rechtsauffassung begründen ihre Ansicht damit, dass durch die Sicherungsabtretung gem. § 398 BGB ein Forderungsübergang auf den Sicherungsgeber stattfinde, der zur Folge habe, dass das betroffene Anrecht nicht mehr der Absicherung des Sicherungsgebers im Alter dienen könne. Damit sei eine wesentliche Voraussetzung für die Ausgleichsfähigkeit des betroffenen Anrechts (vgl. § 2 II Nr. 2 VersAusglG) entfallen (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.3.2012 - 13 UF 258/11 -, abgedruckt bei "juris", Rz. 9 ff.; Kemper/Norpoth FamRB 2011, 284, 285 f.). Auch die wirtschaftliche Betrachtung führe zu keinem anderen Ergebnis, denn der Sicherungsgeber habe sich den ...