Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung über das Absehen vom Regelfahrverbot bedarf aber einer eingehenden Begründung und ist mit ausreichenden Tatsachen zu belegen.
Verfahrensgang
AG Bottrop (Entscheidung vom 30.05.2005) |
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Bottrop vom 30. Mai 2005 wird im Rechtsfolgenausspruch nebst den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bottrop zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bottrop hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil vom 30. Mai 2005 wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaft um 41 km/h zu einer Geldbuße von 200,- EUR verurteilt.
Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene am 21.08.2004 gegen 13.18 Uhr mit dem PKW VW seiner Ehefrau (amtliches Kennzeichen: ...), die BAB 42 von Duisburg in Fahrtrichtung Dortmund, wobei er die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um - nach Abzug eines Toleranzwertes von 3 % = 4 km/h - 41 km/h überschritt.
In den Urteilsgründen wird im Anschluss an die Feststellungen und die Beweiswürdigung zu den Rechtsfolgen Folgendes ausgeführt:
"Der Bußgeldkatalog sieht bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße in Höhe von 100,-- EUR und ein Fahrverbot von einem Monat vor.
Die Verhängung eines Fahrverbotes wäre eine Härte ganz außergewöhnlicher Art. Der Betroffene ist Werkleiter des Eigenbetriebs der Stadt M. Grün und Wald als Rechtsnachfolger des Grünflächenamtes. Er ist zuständig für die gesamte Grünflächenpflege der Stadt M. (Städtischer Walder, Friedhöfe, Grünflächen aller Art). Aufgabe des Betroffenen ist der Einsatz, die Kontrolle und die Beaufsichtigung der Mitarbeiter. Die Grünflächen sind über das gesamte Stadtgebiet M. verteilt. Dem Betroffenen steht ein Dienstwagen (ohne Fahrer) zur Verfügung, um die auf das Stadtgebiet verteilten Einsatzstellen abzufahren. Ein zusammenhängender Urlaub läßt sich mit den Führungsaufgaben des Betroffenen nicht vereinbaren.
Der Betroffene ist nicht vorbelastet. Er ist im Besitz der Fahrerlaubnis seit mehr als 30 Jahren.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist von der Verhängung eines Fahrverbotes unter gleichzeitiger Verdoppelung der Geldbuße abgesehen worden."
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Essen, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird und die sich insbesondere gegen das Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes richtet.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Essen beigetreten.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils im Rechtsfolgenausspruch.
Die Urteilsgründe genügen den Anforderungen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung zu stellen sind. Daher ist die von der Staatsanwaltschaft Essen ausgesprochene Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind - nur - erforderlich die Angabe des Messverfahrens und des berücksichtigten Toleranzwertes, soweit die Überzeugung des Tatrichters von der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf mit anerkannten Geräten in weithin standardisierten Verfahren gewonnenen Messergebnissen beruht (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 3 StVO, Rdnr. 56 b m.w.N.). Im übrigen hat sich hat der Betroffene vorliegend geständig eingelassen.
Jedoch kann der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils keinen Bestand haben. Denn die Erwägungen des Gerichts rechtfertigen weder für sich genommen noch unter Gesamtwürdigung aller Umstände das Absehen von der Verhängung eines gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKatV bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts um 41 km/h gemäß der lfd. Nr. 11.3.7 der Tabelle c des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV regelmäßig vorgesehenen Fahrverbots von einem Monat. Zwar unterliegt die Entscheidung, ob trotz der Verwirklichung eines Regeltatbestandes der Bußgeldkatalogverordnung der Einzelfall einen solchen Ausnahmecharakter hat, dass von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (BGH NZV 1992, 286 (287)). Dem Tatrichter ist jedoch insoweit kein rechtlich ungebundenes freies Ermessen eingeräumt, das nur auf das Vorliegen von Ermessensfehlern hin von dem Beschwerdegericht überprüfbar wäre, sondern der dem Tatrichter verbleibende Entscheidungsspielraum ist durch gesetzlich niedergelegte und von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zumessungskriterien eingeengt und unterliegt insoweit hinsichtlich der Angemessenheit der verhängten Rechtsfolge in gewissen Grenzen der Kontrolle durch das Rec...