Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsentscheid zur Kündigungssperrfrist für eine in Wohnungseigentum umgewandelte und veräußerte Mietwohnung
Normenkette
WoVSKlG S. 2 Nr. 1; InvErlWoBauldG; BGB § 564b Abs. 2 S. 1 Nr. 2; ZPO § 541 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnversorgung (Art. 14 des Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22. April 1993, BGBl. I Seite 466, 487) ist nicht auf Fälle anwendbar, in denen das Wohnungseigentum aufgrund von vor dem 1. August 1990 abgeschlossenen Verträgen erstmals veräußert worden ist (Bestätigung der Rechtsentscheide des OLG Hamburg vom 22.11.1996 – WuM 1997, 29 = ZMR 1997, 136 – und des Kammergerichts vom 09.05.1996 – WuM 1996, 395 = ZMR 1996, 428 –).
Tatbestand
I.
Die Beklagten sind seit dem 01.03.1978 Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Düsseldorf. Im Jahre 1989 ist an der Wohnung Wohnungseigentum begründet worden. Das Wohnungseigentum wurde erstmals am 21.02.1990 an die Rechtsvorgängerin des Klägers veräußert. Durch notariellen Kaufvertrag vom 08.04.1992 und nachfolgender Auflassung erwarb der Kläger das Eigentum an der Wohnung.
Mit Schreiben vom 24.02.1995 erklärte der Kläger durch seine Bevollmächtigten, daß er das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 29.02.1996 kündige. Zur Begründung führte er aus, daß seine geschiedene Ehefrau gemeinsam mit seinen beiden minderjährigen Töchtern, denen er Unterhalt schulde, in die Wohnung einziehen wollten. Diese seien zur Zeit ungenügend untergebracht, so daß eine der Töchter ein Schlafzimmer mit der Mutter teilen müsse.
Die Beklagten widersprachen der Kündigung mit Schreiben des Mietervereins Düsseldorf vom 18.12.1995.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat die vom Kläger erhobene Räumungs- und Herausgabeklage durch Urteil vom 14.06.1996 abgewiesen mit der Begründung, die Kündigung sei unwirksam, denn die 10-jährige Wartefrist des sog. Sozialklauselgesetzes sei noch nicht abgelaufen.
Das mit der Berufung des Klägers befaßte Landgericht hat dem Senat folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Ist Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung vom 22. April 1993 (BGBl. I. S. 466), sog. Sozialklauselgesetz, i.V.m. der entsprechenden Sozialklauselverordnung des Landes NW vom 15.03.1994 (GV Bl. 1994 Bl. I. S. 120) auch auf Fälle anzuwenden, in denen das Wohnungseigentum vor dem 1. August 1990 veräußert worden ist?
Die Kammer möchte in der Vorlagefrage von den Rechtsentscheiden des OLG Stuttgart vom 22.02.1995 (WuM 1995, 262 = ZMR 1995, 200), des Kammergerichts vom 09.05.1996 (WuM 1996, 395 = ZMR 1996, 428) und des OLG Hamburg vom 22.12.1996 (WuM 1997, 29 = ZMR 1997, 136) abweichen. Nach ihrer Auffassung gilt das Sozialklauselgesetz mangels ausdrücklicher zeitlicher Wirkungsbeschränkung von seinem Inkrafttreten an für alle wirksam geschlossenen und noch nicht gekündigten Verträge. Die Abwägung zwischen „Vertrauensschutz des Erwerbers der Wohnung, der die Wohnung selbst nutzen will” und den Rechten des Mieters sei Aufgabe des Gesetzgebers und dürfe nicht nachträglich gegen den Wortlaut des Gesetzes von den Instanzgerichten nachgeholt werden.
Die Vorlagefrage hält das Landgericht für entscheidungserheblich, da das Räumungsbegehren nicht auf eine in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend gemachte fristlose Kündigung vom 10.09.1996 gestützt werden könne. Die Voraussetzungen des Eigenbedarfs im Sinne von § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB erachtet die Kammer für hinreichend dargelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist gemäß § 541 Abs. 1 S. 1 ZPO zulässig.
Es handelt sich um eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergibt und die auch den Bestand eines solchen Mietvertragsverhältnisses betrifft. Die Beantwortung der Frage ist für die Entscheidung über die Berufung erheblich. Hierbei ist der Senat an die Rechtsauffassung des Landgerichts zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 10.09.1996 und zur hinreichenden Darlegung der Voraussetzungen des Eigenbedarfs, da nicht offensichtlich unhaltbar, gebunden. Eine weitere Sperrfrist steht der Kündigung nicht entgegen, denn die dreijährige Frist nach § 564 b Abs. 2 Nr. 2 S. 2 BGB gilt nur für den ersten Veräußerungsfall und hat mit der weiteren Veräußerung an den Kläger im Jahre 1992 nicht erneut zu laufen begonnen (vgl. BayObLG NJW 1982, 541 = WuM 1982, 46 = ZMR 1982, 88). Hiervon geht offenbar auch die Kammer aus.
Der dem Landgericht bei Abfassung des Vorlagebeschlusses noch nicht bekannte Rechtsentscheid des OLG Hamburg vom 22.11.1996 berührt die Zulässigkeit der Vorlage bereits deswegen nicht, weil die Kammer in ihrem Ergänzungsbeschluß vom 22.04.1997 klargestellt hat, daß sie auch von diesem Rechtsentscheid nach Einbeziehung in die Prüfung abweichen will.
III.
Der Senat f...