Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf. bewährungsfreie Zeit. Verlängerung der Bewährungszeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird die Bewährungszeit erst nach Ablauf der zunächst bestimmten Bewährungszeit verlängert, so schließt sich der Verlängerungszeitraum unmittelbar an das Ende der zunächst bestimmten Bewährungszeit an.

2. Auch Straftaten, die zwischen dem Ende der zunächst bestimmten Bewährungszeit und dem Verlängerungsbeschluss begangen werden, können dann zum Widerruf gem. § 56f Abs. 1 StGB führen, wenn der Verurteilte damit rechnen musste, dass die Bewährungszeit verlängert wird.

 

Normenkette

StGB § 56f; GG Art. 20 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 24a StVK 869/09 Bew)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Lichtenfels hatte den Beschwerdeführer am 13.12.2005 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hatte. Das Urteil wurde am gleichen Tage rechtskräftig. Die Bewährungszeit war auf zwei Jahre festgesetzt worden. Gleichzeitig war dem Beschwerdeführer eine Arbeitsauflage von 40 Arbeitsstunden erteilt worden. Der Beschwerdeführer stand zum Zeitpunkt der Begehung der abgeurteilten Tat unter Bewährung, da er zuletzt am 24.02.2005 wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war.

Zwei Tage nach der Verurteilung vom 13.12.2005 beging der Beschwerdeführer eine Unterschlagung, wegen der er vom Amtsgericht Lichtenfels am 28.11.2006 zu einer Geldstrafe verurteilt wurde (rechtskräftig seit dem 12.12.2006). Wegen dieser Sache wurde an ihn ein Anhörungsschreiben am 23.01.2007 im Hinblick auf eine Verlängerung der Bewährungszeit versandt. Ob er dieses Schreiben erhalten hat, geht aus den Akten nicht hervor.

Mit Urteil vom 25.07.2007 wurde der Beschwerdeführer vom Amtsgericht Bitterfeld-Wolfen wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Gegen das Urteil legte der Angeklagte Berufung ein. Im Hinblick auf die erneute Verurteilung hat die Staatsanwaltschaft am 27.08.2007 den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung beantragt. Am 13.09.2007 ist der Beschwerdeführer schriftlich - unter Erbieten eines mündlichen Anhörungstermins - vom Amtsgericht Lichtenfels zur Frage des Widerrufs angehört worden. Auf das Schreiben hat sich ein Verteidiger fernmündlich gemeldet und mit Schriftsatz vom 01.10.2007 darum gebeten, zunächst den Ausgang des Berufungsverfahrens hinsichtlich des Urteils vom 25.07.2007 abzuwarten. Mit Urteil vom 04.02.2008 hat das Landgericht Dessau-Roßlauf auf die Berufung des Angeklagten das erstinstanzliche Urteil dahin abgeändert, dass der Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt wurde. Das Urteil ist rechtskräftig. Mit Beschluss vom 01.07.2008 hat das Amtsgericht Lichtenfels - auf den entsprechend geänderten Antrag der Staatsanwaltschaft - die Bewährungszeit in vorliegender Sache um ein Jahr verlängert. Der Beschluss wurde nicht angefochten. Mit Beschluss vom 01.08.2008 wurde die Arbeitsauflage in eine Zahlungsauflage von 200 Euro umgewandelt. Bis zum 20.10.2008 hatte der Beschwerdeführer hierauf nichts gezahlt. Aus dem Bewährungsheft ist nicht ersichtlich, dass er in der Folgezeit Zahlungen erbracht hat.

Am 03.04.2008 beging der Beschwerdeführer einen Betrug, indem er ein Zeitschriftenabonnement für einen Dritten ohne dessen Wissen abschloss und den Bestellschein seinem Kolonnenführer vorlegte, um die Provision für die Zeitschriftenwerbung zu kassieren, was ihm auch gelang. Deswegen ist der Beschwerdeführer am 31.07.2008 vom Amtsgericht Erlangen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten (rechtskräftig) verurteilt worden. Diese Freiheitsstrafe hat der Beschwerdeführer bis zum 15.03.2009 in der JVA Bielefeld-Brackwede II verbüßt. Im Hinblick auf die neuerliche Tat war im Dezember 2008 das Widerrufsverfahren vom Amtsgericht eingeleitet und sodann die Sache an die Strafvollstreckungskammer an das Landgericht Bielefeld abgegeben worden. Diese hat den Beschwerdeführer am 23.04.2009 schriftlich angehört und sodann mit dem angefochtenen Beschluss die Strafaussetzung zur Bewährung wegen der neuen Straftat vom 03.04.2009 widerrufen.

Wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, begangen im November und Dezember 2008 ist der Verurteilte inzwischen erneut rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden (Urt. AG Lemgo vom 18.09.2009 - 22 Ds 35 Js 79/09 - 45/09).

Gegen den Widerruf wendet sich der Beschwerdeführer mit der sofortigen Beschwerde. Er macht insbesondere geltend, dass die zum Widerruf führende Tat nach Ablauf der regulären Bewährungszeit und vor deren Verlängerung begangen wurde und keinen kriminologisch...

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