Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist die gleichsam auf Vorrat ausgesprochene Anordnung, die Verfahrenskosten aus dem eventuellen Ertrag der Klageforderung zu entrichten, ohne Rechtsgrundlage.
Normenkette
ZPO §§ 115, 120 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Brakel (Beschluss vom 31.08.2011; Aktenzeichen 2 F 74/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Brakel vom 31.8.2011 abgeändert.
Der zweite Absatz des Tenors des Beschlusses entfällt.
Dem AG bleibt vorbehalten, die Anordnung einer Ratenzahlung oder Zahlung aus einem etwa zufließenden Vermögen (Zugewinn) zu treffen.
Von der Erhebung einer Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG der Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe für die Folgesache Zugewinnausgleich bewilligt. Weiter hat es der Antragsgegnerin aufgegeben, die Verfahrenskosten bis zur Höhe von 10.000 EUR aus dem ihr etwa zustehenden Zugewinnausgleich binnen eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung, spätestens binnen eines Monats nach Empfang der Ausgleichszahlung zu zahlen. Gegen die zusätzliche Anordnung des Gerichts richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt.
II. Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.
1) Zwar hat sich die Antragsgegnerin darauf einzurichten, nach für sie erfolgreichem Abschluss des Zugewinnausgleichsteils des Verfahrens wie auch bei sonstigen Veränderungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 120 Abs. 4 ZPO nachträglich zur Zahlung der Verfahrenskosten herangezogen zu werden.
2) Die gleichsam auf Vorrat ausgesprochene Zahlungsanordnung ist jedoch ohne Rechtsgrundlage, (s. OLG Bremen, Beschl. v. 9.3.1983 - 3 WF 15/83; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 115 ZPO Rz. 49a).
Zwar wird teilweise eine derartige Anordnung für zulässig angesehen, (s. die Nachweise bei Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 115 ZPO Rz. 49a).
a) Nur erstere Auffassung ist indes mit der Gesetzessystematik vereinbar. Der Systematik der §§ 114 ff. ZPO ist zu entnehmen, dass bei der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe nur die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten Berückssichtigung finden können, da für die tatsächliche Änderung der Verhältnisse der Abänderungsweg des § 120 Abs. 4 ZPO eröffnet ist und § 120 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur die Berücksichtigung vorauszusehender Änderungen der Einkommensverhältnisse bereits im Ausgangsbeschluss zulässt. Da die Frage des Mittelerhalts aus dem Zugewinnausgleichsverfahrens als Vermögenszufluss derzeit noch nicht mit im Verfahrenskostenhilfeverfahren ausreichender Sicherheit gegeben ist, kann sie mithin derzeit noch keine Berücksichtigung finden.
b) Hinzu kommt, dass die auf Vorrat angeordnete Zahlung der Verfahrenskosten aus dem Verfahrensertrag die Gefahr der Umgehung der Vorschriften der §§ 115, 120 Abs. 4 ZPO birgt. Denn bei der Anordnung der Zahlung der Verfahrenskosten aus dem Vermögen gem. §§ 115, 120 Abs. 4 ZPO sind ebenso wie im Ausgangsverfahren die Grenzen der Zumutbarkeit des Einsatzes des Vermögens zu prüfen, zu denen insbesondere die in § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geregelte Schonvermögensgrenze zählt. Das Schonvermögen hat das AG in seiner Anordnung nicht berücksichtigt. Eine derzeitige Berücksichtigung ist auch untunlich, da es auf die gesetzliche Regelung des Schonvermögens bei Festsetzung der konkreten Zahlungspflicht ankommt.
3) Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO und Nr. 1912 KV zum FamGKG.
Fundstellen
Haufe-Index 2810113 |
MDR 2012, 50 |