Leitsatz (amtlich)
§ 26 ZPO (dinglicher Gerichtsstand für persönliche Klagen) findet keine Anwendung, wenn Gegenstand der Klage ein schuldrechtlicher Anspruch auf Auflassung eines Grundstücks ist.
Verfahrensgang
LG N (Aktenzeichen 08 O 188/14) |
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das LG C bestimmt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt als Erbe nach seiner verstorbenen Ehefrau vor dem LG N die Beklagten als Gesamtschuldner, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im LGbezirk C (Beklagter zu 1) und LG U (Beklagter zu 2) haben, auf Rückauflassung eines im LGbezirk N gelegenen Grundstücks in Anspruch.
Die Ehefrau des Klägers übertrug mit notariellem Vertrag vom 14.5.2005 gegen Einräumung eines Nießbrauchs an dem Grundstück zu ihren und des Klägers Gunsten das Grundstück an die Beklagten, die leiblichen Kinder der Ehefrau, und eine Tochter des Klägers. In Vollziehung des notariellen Vertrages wurden die Beklagten und die Tochter des Klägers als Miteigentümer zu gleichen Teilen im Grundbuch eingetragen.
Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auf Rückauflassung des gegenständlichen Grundstücks beruft sich der Kläger auf den unter § 3 des o.a. Vertrages niedergelegten Widerrufsvorbehalt und den auf dieser Grundlage von ihm erklärten Widerruf der Grundstücksübertragung.
Die Beklagten, welche durch im LGbezirk U ansässige Rechtsanwälte vertreten werden, haben die örtliche Zuständigkeit des LG N gerügt. Das LG N hat durch Verfügung vom 25.8.2014 ausgeführt, dass nach seinem Dafürhalten eine örtliche Zuständigkeit des LG N nicht gegeben sei. Der Kläger hat daraufhin die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das OLG Hamm beantragt.
II. Der Senat bestimmt das LG C als örtlich zuständiges Gericht.
1. Das OLG Hamm ist gem. § 36 Abs. 2 ZPO zu der Bestimmung der Zuständigkeit berufen, da zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste LG N gehört.
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.
a) Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf einer einheitlichen tatsächlichen und rechtlichen Grundlage in Anspruch, weshalb sie Streitgenossen i.S.d. §§ 59, 60 ZPO sind.
b) Der Zuständigkeitsbestimmung steht nicht entgegen, dass der Rechtsstreit bereits rechtshängig ist. Zwar geht der Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ("verklagt werden sollen") vom Regelfall einer Zuständigkeitsbestimmung vor Anhängigkeit bzw. Rechtshängigkeit aus; er ist jedoch - wie allgemein anerkannt - zu eng, so dass die Norm insbesondere auch noch nach einer Klageerhebung angewendet werden kann (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 36 Rz. 16 m.w.N.). Die Bestimmung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beruht auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Es kann im Interesse der Parteien liegen, bei einer von vornherein gegen mehrere Beklagte (mit verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen) gerichteten Klage auch noch nach Klageerhebung ein für alle Beklagten zuständiges Gericht zu bestimmen, um die Entscheidung des Rechtsstreits durch ein einziges Gericht herbeizuführen. Der Stand des gegenständlichen Prozesses steht den v. g. Zweckmäßigkeitserwägungen nicht entgegen, weil bislang weder eine mündliche Verhandlung noch eine Beweisaufnahme stattgefunden hat.
c) Ein der Bestimmung des zuständigen Gerichts entgegenstehender besonderer Gerichtsstand beim LG N gem. § 26 ZPO (dinglicher Gerichtsstand für persönliche Klagen) besteht nicht.
Allerdings ist streitig, ob § 26 ZPO bei einem schuldrechtlichen Anspruch auf Auflassung eingreift. In der Kommentarliteratur wird dies zum Teil bejaht (vgl. Musielak/Heinrich, ZPO, 11. Aufl., § 26 Rz. 5; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 26 Rz. 6; Patzina in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 26 Rz. 2; Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl. § 26 Rz. 5), wobei zur Begründung darauf hingewiesen wird, dass nur der Eigentümer des Grundstücks die Auflassung mit der vom Kläger gewünschten Rechtsfolge erklären könne (Roth in Stein/Jonas, a.a.O.).
Die Gegenauffassung (vgl. LG Stralsund, Urt. v. 7.4.2011 - 6 O 203/10, zitiert bei juris. de unter Rz. 26 und 27; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 26 Rz. 2; HK ZPO/Bendsten, 5. Aufl., § 26 Rz. 2; Prütting/Gehrlein/Lange, 6. Aufl., § 26 Rz. 3; BeckOK ZPO/Toussaint, § 26 Rz. 2-4) lehnt eine Anwendung des § 26 ZPO ab. Zur Begründung führt sie an, dass eine Klage auf Auflassung nicht notwendig gegen den eingetragenen Eigentümer erfolgen müsse (vgl. etwa Zöller/Vollkommer, a.a.O.) und zudem die Gesetzesmaterialien darauf hindeuteten, dass schuldrechtliche Ansprüche auf dingliche Rechtsänderung von § 26 ZPO nicht erfasst werden sollten (vgl. LG Stralsund, a.a.O.).
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an, wonach § 26 ZPO keine Anwendung findet, soweit schuldrechtliche Ansprüche auf Auflassung eines Grundstücks Gegenstand der Klage sind.
Nach dem Wortlaut des § 26 ZPO können persönliche Klagen in dem dinglichen Gerichtsstand nur dann erhoben werden, wenn sie gegen den Eigentümer oder Besitzer einer unbeweglichen Sache "als solchen" gerichtet werden. Aus dieser Formul...