Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 16.05.1995; Aktenzeichen 65 O (Baul.) 1/95)

 

Tenor

Die Berufung des Beteiligten zu 2) gegen das am 16. Mai 1995 verkündete Urteil der Kammer für Baulandsachen des Landgerichts Köln wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten der Berufung tragt der Beteiligte zu 2).

Der Streitwert der Berufung wird auf 2.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Das Landgericht hat einen Beschluß des Beteiligten zu 2), des Umlegungsausschusses der Stadt …, der in einem Grenzregelungsverfahren nach § 80 Baugesetzbuch ergangen ist, mit dem angefochtenen Urteil aufgehoben. Mit Schriftsatz vom 7. Juli 1995 hat der Beteiligte zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt; dieser Schriftsatz ist nur von dem Vorsitzenden des Beteiligten zu 2) unterzeichnet; er ist nicht Rechtsanwalt.

Die Berufung ist nicht zulässig; sie wäre nur dann wirksam eingelegt, wenn die Rechtsmittelschrift von einem Rechtsanwalt unterzeichnet worden wäre, der für dieses Verfahren bei dem Oberlandesgericht Hamm zugelassen ist Denn für das Baulandverfahren gelten nach § 221 Baugesetzbuch die Regelungen der Zivilprozeßordnung, mithin auch der Anwaltszwang nach § 78 ZPO, und folglich kann auch in diesem Verfahren Berufung nur wirksam eingelegt werden durch eine Rechtsmittelschrift, die von einem bei dem Berufungsgericht zugelassenen Anwalt unterzeichnet worden ist (BGH, NJW 1975, 1704; 1985, 328, jeweils mit weiteren Nachweisen, Baumbach-Lauterbach, ZPO, Rdnr 11 zu § 518).

Der Berufungsführer meint, ebenso wie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 217 Baugesetzbuch (NJW 1964, 1522) unterliege dem Anwaltszwang nicht die Berufungsschrift, und zwar nach § 222 Absatz 3 Satz 2 Baugesetzbuch deswegen, weil mit ihr noch nicht ein bestimmter Sachantrag angekündigt oder gestellt werde; dieser Ansicht kann sich der Senat nicht anschließen:

§ 222 Absatz 3 Satz 2 Baugesetzbuch nimmt als Ausnahmeregelung nicht gewisse prozessuale Rechtshandlungen von dem Anwaltszwang aus, sondern einen bestimmten Kreis der am konkreten Verfahren Beteiligten; der Anwaltszwang gilt nach dieser Regelung nicht für Beteiligte, die nur durch Sachvortrag oder Rechtsansichten auf den Prozeß einwirken, wohl aber für die Partei, die – mit einem Sachantrag – ein prozessuales Begehren verfolgt, und für sie gilt er uneingeschränkt in demselben Umfang wie in jedem Zivilprozeß Daß der Gesetzgeber mit § 222 Absatz 3 Satz 2 Baugesetzbuch nicht Unterscheidungen – bezüglich des Anwaltszwangs – für verschiedenartige Prozeßhandlungen, sondern für Parteien mit verschiedenartiger Form ihrer Beteiligung am Verfahren treffen wollte, zeigt schon die Stellung dieser Vorschrift im Gesetz, nämlich ihre Stellung in der Regelung, mit welcher der Kreis der Beteiligten festgestellt und der prozeßrechtliche Status jeder einzelnen Partei bestimmt wird Dies drückt der Gesetzgeber überdies unverkennbar auch mit dem Wortlaut seiner Regelung aus, indem nämlich nicht etwa jede Partei dem Anwaltszwang nur unterworfen wird, wenn sie Anträge in der Hauptsache stellt, vielmehr der Anwaltszwang für diejenigen Beteiligten, die einen solchen Antrag stellen, schlechthin und ohne Einschränkung des mit § 221 Baugesetzbuchs und mit § 78 ZPO umrissenen Umfangs angeordnet wird.

Die Rechtsprechung, nach der für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 217 Baugesetzbuch der Anwaltszwang nicht gilt, erlaubt eine andere Beurteilung nicht Für diesen Antrag ordnet schon § 221 Absatz 1 Baugesetzbuch die Geltung des Zivilprozeßrechts und damit des § 78 ZPO nicht an; denn § 221 Absatz 1 Baugesetzbuch regelt das Baulandverfahren nur für die Zeit, nachdem der einzelne Prozeß bei dem Baulandgericht anhängig geworden ist; der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird jedoch schon zuvor gestellt; er bewirkt erst, daß die Sache im Sinne des § 221 Absatz 1 Baugesetzbuch demnächst anhängig wird.

Mit dem Regelungsgehalt, daß er den Anwaltszwang auf einen Teil der Verfahrensbeteiligten beschränkt, nimmt § 222 Absatz 3 Satz 2 Baugesetzbuch den Beteiligten zu 2) als Berufungsführer nicht von diesem Zwang aus; der Berufungsführer ist im Sinne jener Regelung einer der Beteiligten, der Anträge in der Hauptsache stellt. Wer gegen ein Urteil Berufung einlegt, verfolgt schon damit ein prozessuales Begehren, nämlich die Änderung der angefochtenen Entscheidung, auch wenn er noch nicht mit einem Berufungsantrag im Sinne des § 519 Absatz 3 Nr. 1 ZPO präzisiert hat, in welchem Umfang im einzelnen das angegriffene Urteil geändert werden und welchen Inhalt es nach seiner Vorstellung erhalten soll. Anders als ein Beteiligter, der zunächst nur einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 217 Baugesetzbuch stellt und, nachdem auf diesen Antrag der Rechtsstreit anhängig geworden ist, bis zur mündlichen Verhandlung untätig bleibt und erst dann einen Sachantrag stellt (s. dazu BGH, a.a.O.), wirkt der Berufungsführer nach Anhängigwerden der Sache mit einer prozessualen Gestaltungserklärung auf d...

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