Leitsatz (amtlich)
Der Antrag des Streithelfers des Antragsgegners im selbständigen Beweisverfahren nach § 494a Abs. 1 ZPO ist nicht deshalb zulässig, weil eine Hauptsacheklage wegen Vermögenslosigkeit des Antragsgegners wirtschaftlich sinnlos wäre und der Erfolg der Hauptsacheklage offensichtlich wäre.
Verfahrensgang
LG Detmold (Entscheidung vom 08.05.2007; Aktenzeichen 9 OH 2/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Streithelfers wird der Beschluss der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold vom 8. Mai 2007 abgeändert.
Den Antragstellern wird gemäß § 494a Abs. 1 ZPO eine Frist zur Klageerhebung in der Hauptsache von 6 Wochen gesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1.
Die Antragsteller haben am 12.03.2003 einen Antrag im selbstständigen Beweisverfahren auf Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über den baulichen Zustand von Gebäuden gestellt. Die Antragsgegnerin hatte ihnen jeweils ein Grundstück verkauft und sich verpflichtet, Häuser zu errichten.
Am 1.03.2004 verkündete die Antragsgegnerin mehreren natürlichen wie juristischen Personen den Streit, u.a. auch dem Beschwerdeführer. Dieser trat dem Verfahren auf Seiten der Antragsgegnerin bei.
Gutachten und Ergänzungsgutachten des Sachverständigen wurden erstattet. Keine der Parteien des Verfahrens hat ergänzende Fragen an den Sachverständigen vorgetragen.
Die Antragsgegnerin ist im Laufe des selbstständigen Beweisverfahrens insolvent geworden. Ein Insolvenzverfahren wurde mangels Masse nicht eröffnet.
Unter dem 23.04.2007 hat der Streithelfer beantragt, den Antragstellern eine Frist zur Klageerhebung gemäß § 494a Abs.1 ZPO zu setzen.
Diesen Antrag hat das Landgericht mit Beschluss vom 8. Mai 2007 zurückgewiesen. Der Streithelfer könne einen Antrag nach § 494a ZPO nicht stellen. Er solle der von ihm unterstützten Partei nicht einen gegebenenfalls von dieser nicht gewollten Prozess aufzwingen können. Außerdem dürfe er die Antragsteller nicht in einen wegen der Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin von vornherein sinnlosen Hauptsacheprozess zwingen.
Gegen diesen am 16.05.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30.05.2007 eingegangene sofortige Beschwerde des Streithelfers.
2.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Den Antragstellern ist gemäß § 494a Abs. 1 ZPO eine Frist zur Klageerhebung in der Hauptsache zu setzen.
2.1.
Der beschwerdeführende Streithelfer ist zur Antragstellung befugt.
Die Befugnisse eines Streithelfers ergeben sich aus §§ 74, 67 ZPO. Danach ist er berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, soweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. Solange sich ein entgegenstehender Wille der Hauptpartei nicht feststellen lässt, darf der Streithelfer Prozesshandlungen vornehmen (BGH NJW 2006, 773). Aus einem bloßen Unterlassen der Hauptpartei kann auf einen entgegenstehenden Willen aber nicht geschlossen werden (s.d. Zöller/Vollkommer § 67 Rn 9).
Soweit das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss die gegenteilige Ansicht vertritt, ist darauf hinzuweisen, dass sich der diesbezüglich in Bezug genommene Beschluss des OLG Karlsruhe (BauR 1998, 1278) gar nicht mit der Frage der Antragsbefugnis des Streithelfers nach § 494a Abs.1 ZPO befasst. Vielmehr ergibt sich aus der Gesetzesanwendung, dass ein Antrag des Streithelfers des Antragsgegners nach § 494a ZPO auf Anordnung der Klageerhebung - nur - dann unbeachtlich ist, wenn der Antragsgegner mit der Fristsetzung zur Klageerhebung nicht einverstanden ist (OLG Karlsruhe BauR 1999, 1210; Werner/Pastor 11. Aufl. Rn 128; Zöller/Herget ZPO § 494a Rn 2; Musielak/Huber ZPO § 494a Rn 2a; a.A. wohl Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts 2. Aufl. 13. Teil, Rn 92 unter Hinweis auf OLG Karlsruhe BauR 1998, 1278).
Im vorliegenden Fall ist ein entgegenstehender Wille der Antragsgegnerin nicht festzustellen. Sie hat sich weder auf den Antrag des Streithelfers, noch im Beschwerdeverfahren geäußert.
2.2.
Der Antrag nach § 494a Abs.1 ZPO ist auch nicht unzulässig, weil die Antragsgegnerin inzwischen insolvent ist.
2.2.1.
Nicht entschieden zu werden braucht der Fall, dass eine Hauptsacheklage bereits gemäß §§ 87, 174 InsO unzulässig wäre, weil über das Vermögen der künftigen Beklagten ein Insolvenzverfahren läuft. Im vorliegenden Fall ist mangels Masse die Einleitung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der hiesigen Antragsgegnerin abgelehnt worden.
2.2.2.
Auch die Tatsache, dass eine Hauptsacheklage wegen der Vermögenslage der Antragsgegnerin wirtschaftlich sinnlos wäre, macht den Antrag nach § 494a Abs.1 ZPO nicht unzulässig.
Für den Fall, dass das Beweisergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens eindeutig und der Erfolg der Hauptsacheklage offensichtlich ist, wird bei Vermögenslosigkeit des Antragsgegners in der Rechtsprechung vertreten, dass trotz unterlassener Hauptsacheklage keine Kostenentscheidung nach § 494a ZPO zugunsten des Antragsgegners zu erlassen sei (OLG ...