Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtsstand der unerlaubten Handlung bei Arzthaftungsklage
Normenkette
ZPO § 32
Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 19.08.2009; Aktenzeichen 4 O 153/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 25.8.2009 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Dortmund vom 19.8.2009 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 2.9.2009 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines an das LG Dortmund gerichteten Prozesskostenhilfegesuches vom 1.7.2009 für die mit gleichem Schriftsatz eingereichte Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das LG hat - nach vorherigem rechtlichem Hinweis - das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen, weil es für die beabsichtigte Arzthaftungsklage gegen die außerhalb seines Bezirkes ansässigen Antragsgegner örtlich unzuständig wäre und es deshalb an der hinreichenden Erfolgsaussicht einer gerade vor diesem Gericht beabsichtigten Klage fehlt.
Insbesondere begründet das dem Klagebegehren zugrunde gelegte Geschehen - auf das für die Zuständigkeitsbeurteilung maßgeblich abzuheben ist - nicht den einzig in Betracht kommenden Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) beim angerufenen LG. Denn der Antragsteller macht geltend (GA 7), er sei nach einem Arbeitsunfall vom 6.11.2004 durch die Antragsgegner in München fehlerhaft behandelt worden, indem man dort bei der OP zur Fingeramputation am 8.11.2004 das radialseitige Gefäß-Nerven-Bündel falsch platziert habe, was zu erheblichen Folgebeschwerden (Schmerzen, Nachbehandlungen) geführt habe. Der Verletzungserfolg habe sich - so der Antragsteller (GA 36) - erst in Dortmund durch Schmerzen bemerkbar gemacht. Dieser Sachvortrag rechtfertigt es nicht, Dortmund als den Ort anzusehen, in dem die unerlaubte Handlung i.S.v. § 32 ZPO "begangen" wurde.
Zwar ist Ort der unerlaubten Handlung i.S.v. § 32 ZPO anerkanntermaßen auch der Ort, an dem ihr Verletzungserfolg eingetreten ist. Bei der Haftung wegen ärztlicher Behandlungsfehler ist das jedoch der Ort, an dem die Rechtsgutsverletzung durch Körperverletzung oder Gesundheitsbeeinträchtigung eingetreten und damit die unerlaubte Handlung vollendet ist (so auch: BGH, NJW 1990, 500; KG NJW 2006, 2336; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2003, 438; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 32 Rz. 16).- Hier soll nach dem Sachvortrag des Antragstellers der haftungsrelevante Gesundheitsschaden - und damit der für § 32 ZPO maßgebliche Verletzungserfolg - durch intraoperative Fehlplatzierung des 3. Fingernerven in München eingetreten sein - welches zugleich Handlungsort war. In Dortmund zeigten sich behaupteter Maßen lediglich die Folgewirkungen der bereits zuvor andernorts eingetretenen Integritätseinbuße. Abweichend von dem Sachverhalt, der der zitierten kammergerichtlichen Entscheidung vom 1.6.2006 (NJW 2006, 2336 f.) zugrunde lag, ist damit die vorliegend geltend gemachte unerlaubte Handlung sowohl hinsichtlich der behaupteten Verletzungshandlung als auch hinsichtlich des behaupteten Verletzungserfolges i.S.v. § 32 ZPO an ein und demselben Ort begangen worden. Auf etwaige lediglich an anderen Orten eintretende Schadensfolgen aus der vollendeten Rechtsgutsverletzung kommt es für die Zuständigkeitsbegründung nach einhelliger Meinung nicht an (OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2003, 238 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 32 Rz. 16 m.w.N.). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des erkennenden Senates (vgl. Beschl. v. 14.3.2007 - 3 W 9/07), wobei offen bleiben kann, bei welchen Fallkonstellationen ärztlicher Behandlungsfehler ein Auseinanderfallen der Orte von unerlaubter Handlung einerseits und deren Erfolg durch Rechtsgutsverletzung andererseits denkbar ist.
Wiederholt hat der BGH (vgl. BGH NJW 2008, 2344 f. m.w.N.) nicht zuletzt auch zur internationalen Zuständigkeitsregelung für Klagen aus unerlaubten Handlungen nach Art. 5 Zif. 3 LugÜ ausgeführt, dass der zuständigkeitsbegründende Erfolgsort derjenige ist, an dem das schädigende Ereignis erstmals eingetreten ist - wobei es auf die "Beeinträchtigung der Gesundheit" ankommt, mithin die Rechtsgutsverletzung (und nicht deren Auswirkung) den Ausschlag gibt.
Eine Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO, KV-GKG Zif. 1812).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 ZPO sind nicht gegeben. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
Fundstellen