Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren private Auftraggeber und Auftragnehmer pauschal die Geltung der VOB/B, wird die auf öffentliche Auftraggeber zugeschnittene Vorschrift des § 18 I VOB/B von der pauschalen Einbeziehung des Regelwerks nicht erfasst. Vertritt ein verweisendes Gericht eine abweichende Rechtsauffassung, kann der Verweisungsbeschluss verbindlich sein, wenn die abweichende Auffassung hinreichend begründet ist.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281; VOB/B § 18
Verfahrensgang
Tenor
Zuständig ist das LG B.
Gründe
I. Der Rechtsstreit ist dem Senat durch das LG E zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt worden.
Die Klägerin, eine GmbH, nimmt mit der vor dem LG E erhobenen Klage die Beklagte, eine GmbH mit Sitz in T, auf Zahlung von Werklohn aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag über ein Bauvorhaben in Unna in Anspruch. Nach § 1 Nr. 1 des Bauvertrags sind Grundlage des Vertrages die allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB) Teil B in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung.
Die Klägerin ist der Auffassung, das LG E sei als Gericht des Erfüllungsorts für die Forderung zuständig, da das vertragsgegenständliche Bauvorhaben im dortigen Bezirk gelegen sei. Die Beklagte hat die Zuständigkeit des LG E gerügt und die Auffassung vertreten, Gerichtsstand der Werklohnklage des Bauunternehmers sei der Sitz des Auftraggebers und nicht der Ort des Bauwerks. Zuständig sei daher das LG B.
Das LG E hat durch Schreiben vom 21.05.2015 darauf hingewiesen, dass es die von der Beklagten vertretene Auffassung nicht teile. Es halte die Zuständigkeitsrüge aber für begründet, weil die Zuständigkeit des LG B aus § 18 Abs. 1 VOB/B folge, den die Parteien ohne Änderung und als Formkaufleute auch wirksam in den Vertrag einbezogen hätten. Diese Vereinbarung sei - wozu das LG E auf Kommentarliteratur verwiesen hat - als ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung anzusehen.
Die Klägerin hat daraufhin darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof entschieden habe, dass § 18 Abs. 1 VOB/B auf private Auftraggeber nicht anwendbar sei, und einen Ausdruck der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.01.2009 - VII ZB 79/08 - beigefügt. Sie hat ferner für den Fall, dass die Kammer sich der Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht anschließe, Verweisung an das LG B beantragt.
Durch Beschluss vom 08.06.2015 hat sich das LG E für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf den Hilfsantrag der Klägerin an das LG B verwiesen. Zur Begründung hat es Bezug genommen auf seinen Hinweis in dem Schreiben vom 21.05.2015 und ausgeführt, auch wenn aus der Formulierung des § 18 Abs. 1 VOB/B auf eine Geltung für öffentliche Auftraggeber zu schließen sei, gelte diese Vorschrift auch für private Auftraggeber, soweit diese keine von § 18 abweichende vertragliche Vereinbarung getroffen hätten. Dazu hat es auf die Nachweise bei Ingenstau/Korbion, VOB, § 18 VOB/B Rn. 18 hingewiesen.
Das LG B hat die Parteien mit Schreiben vom 24.06.2015 darauf hingewiesen, dass es den Verweisungsbeschluss des LG E als nicht bindend ansehe, da das LG E sich nicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auseinandergesetzt habe, sondern lediglich pauschal auf eine in der Literatur vertretene anderweitige und ausdrücklich der herrschenden Rechtsprechung entgegenstehende Rechtsauffassung verwiesen habe. Die Beklagte hat daraufhin erklärt, dass sie § 18 Nr. 1 VOB/B anwendbar halte. Die Klägerin hat sich der Auffassung des LG B angeschlossen und den Verweisungsbeschluss als offensichtlich unhaltbar angesehen.
Das LG B hat sich daraufhin durch Beschluss vom 05.08.2015 für unzuständig erklärt. Der Verweisung komme keine Bindungswirkung zu, weil sich das LG E nicht mit der entgegenstehenden herrschenden Rechtsprechung auseinandergesetzt habe. Zudem sei der Verweisungsbeschluss objektiv willkürlich, da er die eigene Zuständigkeit des LG E gemäß § 29 ZPO übergehe.
II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
1. Das LG E und das LG B haben sich beide rechtskräftig für örtlich unzuständig erklärt.
2. Das Oberlandesgericht Hamm ist gem. § 36 Abs. 1 ZPO als das nächsthöhere Gericht über diesen Gerichten zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen.
3. Zuständig ist das LG B aufgrund der bindenden Wirkung der Verweisung durch das LG E.
Grundsätzlich ist ein Verweisungsbeschluss gem. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend, da - im Einklang mit der in § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO normierten Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen - im Interesse der Prozessökonomie das Verfahren verzögernde und verteuernde Zuständigkeitsstreitigkeiten vermieden werden sollen.
Die Bindungswirkung ist auch im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten. Als zuständig ist daher dasjenige Gericht zu bestimmen, an das die Sache durch den ersten Verweisungsbeschluss gelangt ist, wenn diesem die Bindungswirkung nicht ausnahmsweise fehlt (st. Rspr., z.B. BGH, Beschluss vom 13.03.1...