Leitsatz (amtlich)
Das Urteil des EuGH vom 14.12.2023 - C-340/21 (BeckRS 2023, 35786) und das Urteil des OLG Stuttgart vom 22.11.2023 - 4 U 20/23 (GRUR-RS 2023, 32883) geben dem Senat keine Veranlassung zur Aufgabe seiner Rechtsauffassung (OLG Hamm Urt. v. 15.8.2023 - 7 U 19/23, GRUR-RS 2023, 22505), dass im Rahmen eines Anspruchs aus Art. 82 DSGVO ein mit einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung als negative Folge einhergehender Kontrollverlust als solcher die Annahme eines immateriellen Schadens nicht trägt (so auch nachgehend veröffentlicht OLG Köln Urt. v. 7.12.2023 - 15 U 33/23, GRUR-RS 2023, 36757). Es besteht auch kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und / oder dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen oder die Revision zuzulassen.
Normenkette
DSGVO Art. 5-7, 15, 25, 32, 82, 99 Abs. 2; GKG § 48 Abs. 2; ZPO §§ 3, 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1, §§ 259, 522 Abs. 2, § 890 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Detmold (Aktenzeichen 24 O 139/22) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24.08.2023 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 24. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund (24 O 139/22) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Kläger.
Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung im angefochtenen Urteil (eGA I-1772) ebenfalls auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Beschluss ergeht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.
Zur Begründung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss vom 14.11.2023 Bezug genommen. Eine Stellungnahme des Klägers hierzu ist nicht erfolgt. Infolgedessen sieht sich der Senat lediglich mit Blick auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des OLG Stuttgart vom 22.11.2023 (4 U 20/23, veröffentlicht in juris und beck-online GRUR-RS 2023, 32883) sowie das Urteil des EuGH vom 14.12.2023 (C-340/21, BeckRS 2023, 35786) zu folgenden Ergänzungen veranlasst:
Beide Entscheidungen verlangen im vorliegenden Einzelfall weder in der Sache eine andere Entscheidung noch eine Abkehr vom Vorgehen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Im Einzelnen:
I. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen vor.
1. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Mit Blick auf den vorliegend fehlenden kausalen immateriellen Schaden folgen die Ausführungen im Hinweisbeschluss des Senats der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 14.12.2023 - C-340/21, BeckRS 2023, 35786 Rn. 84, 85). Danach hat der Kläger als Person, die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffen ist, der für sie negative Folgen gehabt hat, nachzuweisen, dass diese Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO darstellen. Dem folgend sieht der Senat somit den Kläger zutreffend in der Pflicht, den Indizienbeweis zum Eintritt eines kausalen immateriellen Schadens zu führen. Indem der Senat sich mit den vom Kläger dargelegten Indizien befasst und diese (hier als nicht den Eintritt eines kausalen immateriellen Schadens tragend) würdigt, setzt der Senat schlicht die weitere Vorgabe des EuGH um; denn danach ist das angerufene nationale Gericht, wenn sich eine Person auf die Befürchtung beruft, dass ihre personenbezogenen Daten in Zukunft aufgrund eines solchen Verstoßes missbräuchlich verwendet werden, gehalten zu prüfen, ob diese Befürchtung unter den gegebenen besonderen Umständen und im Hinblick auf die betroffene Person als begründet angesehen werden kann.
2. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des BGH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO); denn die im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des EuGH und des BGH hinreichend geklärt und im Übrigen solche des Einzelfalls.
a) Mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal "Eintritt eines kausalen immateriellen Schadens" im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO bietet der vorliegende Einzelfall keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer weiteren klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage; vielmehr ist die streitgegenständliche Rechtsfrage zur fehlenden Qualität der negativen Folge eines bloßen Kontrollverlusts als immaterieller Schaden durch die aufgezeigten aktuellen Entscheidungen des EuGH geklärt. Die Vorlagefrage 4 aus dem Beschluss des BGH vom 26.09.2023 (VI ZR 97/22) betrifft eine andere Konstellation (vgl. hierzu i.E. Senat Beschl. v. 18.10.2023 - I-7 U 77/23, BeckRS 2023, 32741 Rn. 4).
b) Soweit das OLG Stuttgart (Urt. v. 22.11.2023 - 4 U 20/23, GRUR-RS 2023, 32883, Rn. 89 ff., 257 ff.) von der hiesigen Senatsrechtsprechung abweichend den dortigen und hiesigen Antrag zu 2. auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden als zulässig und begründet ansieht, ...