Leitsatz (amtlich)
1.
Bei der Verwertung von Voreintragungen eines Betroffenen im Rahmen der Fahrverbotsentscheidung sind grundsätzlich das Datum des Erlasses des Bußgeldbescheides und das seiner Rechtskraft anzugeben.
2.
Das Absehen von einem nach der BußgeldkatalogVO indizierten Fahrverbot ist nicht bei Vorliegen einer "Härte außergewöhnlicher Art" möglich. Vielmehr reichen dazu schon "erhebliche Härten oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher oder durchschnittlicher Umstände" aus.
Verfahrensgang
AG Herne-Wanne (Entscheidung vom 10.10.2002) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Herne-Wanne zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen "einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG" zu einer Geldbuße von 150,00 EURO verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Rechtsfolgenausspruch des angegriffenen Urteils aufzuheben.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat - zumindest vorläufig - Erfolg.
1.
Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß den §§ 3 Abs. 3, 41 (Zeichen 274) 49 StVO, 24 StVG. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das angefochtene Urteil sich hinsichtlich der Feststellungen zur Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung darauf beschränkt, dass die Messung mit dem Radargerät "Multanova 6 F" vorgenommen worden sei, und der Tatrichter - ersichtlich zum Ausgleich von Messungsgenauigkeiten - ein Toleranzwert von 5 km/h von der gemessenen Geschwindigkeit abgezogen hat. Dies ist, wenn - wie hier - keine Besonderheiten vorliegen, ausreichend (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Senats VRS 102, 218 = NZV 2002, 245 = DAR 2002, 226 = zfs 2002, 404 = VD 2002, 379 (Ls.) mit weiteren Nachweisen; so auch schon OLG Hamm NStZ 1990, 546; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 3 StVO Rn. 59 mit weiteren Nachweisen), zumal der Betroffene weder die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich noch deren Höhe bestritten hat. Damit ist die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs wirksam.
2.
Die Rechtsbeschwerde hat hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg. Insoweit sind die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nämlich lückenhaft und damit rechtsfehlerhaft (§ 267 StPO).
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Aufhebungsantrag wie folgt begründet:
"Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden. Ihr ist auch ein - zumindest vorläufiger - Erfolg nicht zu versagen.
Zwar tragen die Feststellungen des Amtsgericht die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG, zumal sich den Urteilsgründen auf Grund der festgesetzten Regelgeldbuße (noch) hinreichend sicher entnehmen lässt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften erfolgte. Die auf die allgemein erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts hin vorzunehmende Überprüfung der angefochtenen Entscheidung führt jedoch zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs, da den Urteilsgründen nicht zu entnehmen ist, ob die zur Begründung des angeordneten Fahrverbots herangezogene verkehrsrechtliche Voreintragung des Betroffenen überhaupt verwertbar war.
Bei der Verwertung von Voreintragungen eines Betroffenen sind grundsätzlich das Datum des Erlasses des Bußgeldbescheides und das seiner Rechtskraft anzugeben (zu vgl. Senatsentscheidung vom 15.10.1996, 2 Ss OWi 1131/96). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht, da das Amtsgericht lediglich mitteilt, dass der Betroffene am 17.07.2000 auf der L 511 in Herten die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 21 km/h überschritten habe und dass deshalb eine Geldbuße von 80,00 DM verhängt worden sei.
Diese Ausführungen ermöglichen es dem Revisionsgericht nicht, Feststellungen zur Verwertbarkeit der zu Lasten des Betroffenen berücksichtigten Voreintragung zu treffen, da nicht erkennbar ist, ob die auf Grund des Vorfalls vom 17.07.2000 ergangene Bußgeldentscheidung zum Zeitpunkt des Urteils am 10.10.2002 bereits rechtskräftig oder evtl. schon tilgungsreif war.
Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das angefochtene Urteil in Bezug auf die Festsetzung des Fahrverbots auf diesem Fehler beruht, da das Amtsgericht seine Ablehnung einer Geldbußenerhöhung zur Abwendung des Fahrverbots unter anderem damit begründet hat, dass der Betr...