Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalerhöhung durch Umwandlung einer Kapitalrücklage
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln unter Umwandlung einer zuvor durch eine Sacheinlage des Alleinaktionärs gebildeten Kapitalrücklage ist im Verfahren nach den §§ 207 ff. AktG im Handelsregister eintragungsfähig.
2. Die erkennbar beabsichtigte Umgehung der Vorschriften über eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen (§§ 183 ff. AktG) muss eine Intensivierung der Prüfungspflicht des Registergerichts nach § 210 Abs. 3 AktG nach sich ziehen.
3. Kann durch die registergerichtliche Kontrolle die reale Kapitalaufbringung sichergestellt werden, kommt eine Anwendung der Nachgründungsvorschrift (§ 52 AktG) daneben nicht in Betracht, wenn nur ein Alleinaktionär an der Gesellschaft beteiligt ist.
Normenkette
HGB § 272 Abs. 2 Nr. 4; AktG §§ 52, 183, 210 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 13.06.2007; Aktenzeichen 41 T 5/07) |
AG Essen (Beschluss vom 10.04.2007; Aktenzeichen 89a HRB 19259) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Essen vom 10.4.2007 werden aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Der Gegenstandwert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im Handelsregister des AG Essen ist seit dem 16.6.2006 die Beteiligte mit einem Grundkapital von 100.000 EUR eingetragen. Ihre Alleingesellschafterin ist die im Handelregister Essen unter HR B. eingetragene F2 GmbH. Im Dezember 2006 brachte die Alleingesellschafterin ihre 100 %-ige Beteiligung an der F GmbH in die Beteiligte ein. Der Wert der Beteiligung betrug nach einem zum Stichtag 1.1.2006 erstellten Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. C 23.068.000 EUR. Des Weiteren schoss die Alleingesellschafterin 300.000 EUR in bar dem Gesellschaftsvermögen zu und verpflichtete sich, weitere 240.000 EUR in das Vermögen der Beteiligten einzuzahlen.
Die von der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft T2 KG erstellte Jahresbilanz der Beteiligten zum 31.12.2006 weist eine Kapitalrücklage von 23.608.408 EUR bei einem Bilanzverlust von 526.098, 26 EUR auf. Die Kapitalrücklage hatte sich vor allem durch die im Dezember 2006 von der Alleinaktionärin erbrachte Einlage der Anteile der F GmbH erhöht. Der in der Bilanz angesetzte Einlagewert von 23.068.000 EUR wurde aus dem zum 1.1.2006 erstellten Gutachten der Dr. C übernommen.
Im Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers heißt es:
"Unsere Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt.
Nach unserer Beurteilung auf Grund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse entspricht der Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Regelungen der Satzung und vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der F AG, F3 ....
Ohne diese Beurteilung einzuschränken, weisen wir auf Folgendes hin:
Der Einlage der Anteile an der F GmbH von ca. 23.068 EUR liegt die Unternehmensbewertung der Dr. C, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zum 1.1.2006 zugrunde;..."
In der Gesellschafterversammlung vom 15.2.2007 fasste die Alleingesellschafterin unter TOP 7 folgenden Beschluss:
"1. Das Grundkapital der Gesellschaft wird nach den Vorschriften des Aktiengesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff. AktG) von 100.000 EUR um 20.300.000 EUR auf 20.400.000 EUR erhöht durch Umwandlung eines Teilbetrages i.H.v. 20.300.000 EUR der im Jahresabschluss der Gesellschaft per 31.12.2006 ausgewiesenen Kapitalrücklage .... Die Kapitalerhöhung wird durchgeführt durch Ausgabe von 20.300.000 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien im rechnerischen Nennbetrag von je 1 EUR, die an die Aktionäre der Gesellschaft im Verhältnis 1:203 ausgegeben werden .... Die neuen Aktien sind vom Beginn des Geschäftsjahres 2007 an gewinnbezugsberechtigt.
2. ..."
Unter TOP 8 beschloss die Alleingesellschafterin eine sich aus der Kapitalerhöhung ergebende Satzungsänderung. Des Weiteren erhöhte die Alleingesellschafterin unter TOP 9 das genehmigte Kapital i.S.d. § 202 Abs. 1 Satz 1 AktG auf 10.200.000 EUR (50 % des beschlossenen Grundkapitals) und änderte dementsprechend § 5 (5) ihrer Satzung.
Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 15.2.2007 (UR-Nr. .../2007 Notar Dr. I in F3) hat der Vorstand der Beteiligten die unter TOP 7 beschlossene Kapitalerhöhung, die dieser folgende unter TOP 8 beschlossene Satzungsänderung sowie die unter TOP 9 getroffene Satzungsänderung zur Erhöhung des genehmigten Kapitals zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Zugleich erklärte der Vorstand, dass nach seiner Kenntnis keine Vermögensminderung eingetreten sei, die der Kapitalerhöhung entgegenstünde, wenn sie am Tag der Anmeldung beschlossen worden wäre.
Auf den Hinweis des Registergerichts, dass die Anmeldung auch von dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates erfolgen müsse, hat dieser am 20.3.2007 in notariell beglaubigter For...