Leitsatz (amtlich)
Ein Beschuldigter, der einen gegen ihn erlassenen Haftbefehl erfolglos mit der Haftbeschwerde angefochten hat, dann aber nach Durchführung des Hauptverfahrens unter Aufhebung des Haftbefehls freigesprochen wird, muss trotz einer auf Grund der in der Beschwerdeentscheidung zu ihren Lasten getroffenen Kosten- und Auslagenentscheidung den auf das Beschwerdeverfahren entfallenden Teil der notwendigen Verteidigerkosten nicht selbst tragen.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die dem Beschwerdeführer aus abgetretenem Recht des freigesprochenen (früheren) Angeklagten nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Essen vom 21. Mai 2007 (25 KLs 10/07) zu erstattenden notwendigen Auslagen werden nach § 464b StPO auf 581,91 EUR (i.W.: fünfhunderteinundachtzig 91/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 30. Mai 2007 festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer hat den (früheren) Angeklagten ... in dem gegen diesen u.a. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern geführten Strafverfahren (12 Js 1435/06 StA Essen) zunächst auf der Grundlage einer dem Beschwerdeführer erteilten Strafprozessvollmacht vom 21. Dezember 2006 als Wahlverteidiger und später nach entsprechender Beiordnung durch Beschluss des Vorsitzenden der Strafkammer des Landgerichts Essen vom 7. Mai 2007 als Pflichtverteidiger verteidigt. Der Angeklagte befand sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Essen vom 20. Dezember 2006 seit dem 21. Dezember 2006 in Untersuchungshaft. Am 7. Februar 2007 erhob die Staatsanwaltschaft Essen Anklage beim Landgericht Essen - Jugendschutzkammer - wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. in zwei Fällen, worauf die zuständige Strafkammer am 21. Februar 2007 den Haftbefehl - der Anklage entsprechend - neu fasste und die Fortdauer der Untersuchungshaft beschloss. Mit Schriftsatz vom 12. März 2007 legte der Beschwerdeführer für den Angeklagten Haftbeschwerde ein, die - nach Nichtabhilfe durch die Strafkammer - der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 29. März 2007 (3 Ws 188/07) "auf Kosten des Angeschuldigten (§ 473 Abs. 1 StPO)" als unbegründet verwarf.
Mit Beschluss vom 4. April 2007 ließ die V. Strafkammer des Landgerichts Essen die Anklage zur Hauptverhandlung zu, eröffnete das Hauptverfahren gegen den Angeklagten und ordnete Haftfortdauer an. Am 7. Mai 2007, dem ersten Hauptverhandlungstag, hob die Strafkammer den Haftbefehl nach Vernehmung mehrerer Zeugen (darunter auch der Geschädigte) und Erstattung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens seitens des hierzu gerichtlich beauftragten Sachverständigen auf. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung am 21. Mai 2007 sprach die Strafkammer den Angeklagten mit Urteil vom selben Tage aus tatsächlichen Gründen frei und entschied, dass "die Auslagen einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last fallen" und der Angeklagte für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen sei. Dieses freisprechende Urteil ist seit dem 29. Mai 2007 rechtskraftig.
Mit Antrag vom 21. Mai 2007 hat der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Vorlage einer (Sicherungs-)Abtretungserklärung des freigesprochenen Angeklagten vom selben Tage die Festsetzung notwendiger Auslagen des Angeklagten gegen die Staatskasse in Höhe von brutto 581,91 EUR nebst gesetzlicher Zinsen beantragt. In diesem Antrag macht der Beschwerdeführer Wahlverteidigergebühren in Höhe von insgesamt 1 800,- EUR netto geltend, von denen er seine Pflichtverteidigergebühren in Höhe von insgesamt 1 311,- EUR netto in Abzug bringt. Wegen der Positionen und der Berechnung im Einzelnen wird auf die Antragsschrift vom 21. Mai 2007 (Bl. 477 d.A.) Bezug genommen. Mit Beschluss vom 16. Juni 2008 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Essen "die dem Betroffenen gemäß § 467 StPO aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen" auf 284,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 30. Mai 2007 festgesetzt. Dabei ist die Rechtspflegerin der Berechnung des Beschwerdeführers in seinem Festsetzungsantrag vom 21. Mai 2007 - mit Ausnahme der geforderten Verfahrensgebühr Nr. 4113 VV RVG in Höhe von 250,- EUR - gefolgt. Diese Verfahrensgebühr hat sie, insoweit der Stellungnahmen des Bezirksrevisors folgend, im Hinblick auf die in der Haftbeschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 29. März 2007 getroffene Kostenentscheidung für nicht erstattungspflichtig gehalten.
Gegen diesen ihm am 19. Juni 2008 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom selben Tage, der am 20. Juni 2008 bei dem Landgericht Essen eingegangen ist, (sofortige) Beschwerde eingelegt, der die Rechtspflegerin mit Entscheidung vom 30. Juli 2008 nicht abgeholfen hat. Der Leiter des Dezernats 10 der Ver...