Leitsatz (amtlich)

Die Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78b ZPO setzt voraus, dass die betroffene Partei tatsächlich keinen Anwalt findet. Die Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn eine Partei nichts dazu vorgetragen hat, weshalb sie trotz zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage gewesen war, einen vertretungsbereiten Anwalt zu finden. Soweit eine Partei meint, ihr sei es subjektiv nicht zumutbar, sich auf Anwaltssuche zu begeben, erfüllt dies die gesetzlichen Vorgaben nicht.

 

Normenkette

ZPO § 46 Abs. 2, § 78 Abs. 3, §§ 78b, 569

 

Verfahrensgang

LG Paderborn (Aktenzeichen 4 O 58/17)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 06.07.2017 wird der Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 16.06.2017 aufgehoben, soweit das Landgericht die Beiordnung eines Notanwalts für die Beschwerdeverfahren abgelehnt hat (1 W 28/17).

2. Die Beiordnung eines Notanwalts für die Beschwerdeverfahren 1 W 24/17, 1 W 25/ 17 und 1 W 27/07 wird abgelehnt.

3. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 08.05.2017 gegen den Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 24.04.2017 wird verworfen (1 W 24/17).

4. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 13.06.2017 gegen den Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 29.05.2017 wird verworfen (1 W 25/17).

5. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 06.07.2017 gegen den Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 16.06.2017 wird verworfen, soweit sie sich gegen die Verwerfung des Befangenheitsgesuchs gegen Richterin T richtet (1 W 27/17).

6. Die Kosten der Beschwerdeverfahren hat der Kläger zu tragen mit Ausnahme der Kosten hinsichtlich der Entscheidung zu Ziff. 1. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.

 

Gründe

I. 1. Der Kläger begehrt vom beklagten Land NRW Schadensersatz wegen seiner Meinung nach fehlerhafter Aufnahme eines Prozesskostenhilfeantrages durch einen Rechtspfleger des Amtsgerichts Paderborn im Jahr 2012. Die privatschriftlich verfasste Klageschrift hat der Kläger zunächst beim Verwaltungsgericht Münster eingereicht, welches das Verfahren mit Beschluss vom 03.02.2017 zuständigkeitshalber an das Landgericht Paderborn verwiesen hat. Die Vorsitzende Richterin am Landgericht J hat den Kläger darauf hin mit Verfügung vom 28.02.2017 auf den beim Landgericht bestehenden Anwaltszwang hingewiesen und aufgefordert, den Klageanspruch binnen 2 Wochen durch einen Rechtsanwalt begründen zu lassen. Nach fruchtlosem Verstreichen der Frist hat die Vorsitzende Hauptverhandlungstermin anberaumt und den Kläger erneut auf den beim Landgericht bestehenden Anwaltszwang hingewiesen.

2. Hierauf hat der Kläger die Vorsitzende mit am 11.04.2017 zu Protokoll des Amtsgerichts Münster gegebener Erklärung u.a. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und zugleich die Beiordnung eines Notanwalts begehrt. Zur Begründung hat er in einem privatschriftlich verfassten Schreiben vom 12.04.2017 ergänzende Ausführungen gemacht. U.a. hat er ausgeführt, da er die Klage seiner Meinung nach wirksam vor dem Verwaltungsgericht ohne Anwalt habe erheben können, habe das Landgericht das beklagte Land zur Erwiderung auffordern müssen ungeachtet des Umstandes, dass die Klage noch nicht durch einen Anwalt begründet worden sei. Hinsichtlich seines Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts hat er zunächst unter Bezugnahme auf die Kommentierung und die Rechtsprechung ausgeführt, dass zwar der Antragsteller grundsätzlich vier erfolglose Versuche, einen vertretungsbereiten Anwalt zu finden, nachweisen müsse. Dies sei indes eine realitätsferne und mit der grundgesetzlich garantierten Handlungsfreiheit sowie dem Sozialstaatsprinzip unvereinbare Forderung. Er sei bislang nur auf fachlich nicht hinreichend versierte Anwälte getroffen, was ihm mehr als 8 Jahre Freiheitsentzug, u.a. im Maßregelvollzug "gekostet" habe, wozu er gegebenenfalls dem Prozessgericht noch Ausführungen mache. Er sei durch diese von "mangelndem Engagement beseelten RA 'traumatisiert'" und habe auch keine Zeit, eingehend auf Anwaltssuche zu gehen. Hierzu hat er eine weitere Begründung angekündigt. Wegen der Einzelheiten wird auf das auf den 12.04.2017 datierte Schreiben des Klägers (Bl. 46-51R) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 24.04.2017 hat das Landgericht in der Besetzung Richterin am Landgericht O, Richter am Landgericht T1 und Richter N das Befangenheitsgesuch gegen die Vorsitzende Richterin am Landgericht J zurückgewiesen, da Ablehnungsgründe weder dargetan noch ersichtlich seien.

Gegen diesen, dem Kläger am 27.04.2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Erklärung zu Protokoll des Rechtspflegers des Amtsgerichts vom 08.05.2017 unter Beifügung einer privatschriftlichen Begründung sofortige Beschwerde eingelegt und zugleich Richter N als befangen abgelehnt. Da dieser Proberichter sei und der Rechtsstreit gegen das Land als seinen Dienstherrn geführt werde, sei zu besorgen, dass er nicht unbefangen urteilen werde. Für das Beschwerdeverfahren hat er ebenfalls die Beiordnung eines Notanwalts begehrt, gleichzeitig die Ansicht...

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