Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Minderung und Schadensersatz bei Baumängeln im Gemeinschaftseigentum
Leitsatz (amtlich)
1) Der umfassende Verzicht eines Wohnungseigentümers auf Gewährleistungsansprüche aus dem Erwerbsvertrag mit dem Veräußerer läßt seine Befugnis zur Mitwirkung an der Entscheidung der Wohnungseigentümer über die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum und über die Verwendung darauf erhaltener Beträge unberührt.
2) Es bestehen Bedenken gegen die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs, in dem ein zur Geltendmachung gemeinschaftlicher Gewährleistungsansprüche ermächtigter Wohnungseigentümer ohne Genehmigung der anderen Miteigentümer einer Verrechnung mit Restvergütungsansprüchen aus seinem Einzelschuldverhältnis zu dem Veräußerer zustimmt.
3) Zur Auslegung eines solchen Vergleichs, der im Hinblick auf die fehlende Leistungsfähigkeit des Veräußerers zur Befriedigung gemeinschaftlicher Minderungs- und Schadensersatzansprüche geschlossen wird.
Normenkette
BGB §§ 633 ff.; WEG § 21
Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. H, P, K, K und P |
Verfahrensgang
LG Dortmund (Zwischenurteil vom 29.05.1991; Aktenzeichen 9 T 17/91) |
AG Kamen (Zwischenurteil vom 14.11.1990; Aktenzeichen 2 II 913/89 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die landgerichtliche Wertfestsetzung abgeändert wird.
Die Beteiligten zu 1) und 2) tragen gesamtschuldnerisch die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens dritter Instanz findet nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde wird auf 49.370,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Miteigentümer der aus 3 Wohnungseinheiten bestehenden Wohnungseigentumsanlage. Je eine Einheit haben die Beteiligten zu 1) und 2), 3) und 4) sowie 5) und 6) als neu zu errichtendes Wohnungseigentum aufgrund notarieller Verträge von dem früheren Grundstückseigentümer M… P… in B… erworben. Der Beteiligte zu 2) hat zusammen mit seinem Schwiegervater umfangreiche Arbeiten bei der Errichtung des Gemeinschaftseigentums, insbesondere des Rohbaus, durchgeführt; welche Vereinbarungen er insoweit mit dem früheren Grundstückseigentümer P… getroffen hat, ist im Verfahren nicht näher festgestellt worden.
Noch während der Bauphase erstattete der Sachverständige P… am 30.9.1985 im Auftrag der Beteiligten zu 2), 4) und 6) ein privates Sachverständigengutachten, in dem er zahlreiche Mängel an dem Bauobjekt feststellte. Ebenfalls am 30.9.1985 gab Herr P… folgende von ihm unterzeichnete Erklärung ab:
„Als Bauherr und Verkäufer der Eigentumswohnungen im 3-Familienhaus in B… L… weg… stehe ich hiermit zu meinem Wort, daß der Käufer der Dachgeschoßwohnung, Herr M… G… in schriftlicher Form auf etwaige Baumängel am Sonder- und Allgemeineigentum verzichtet hat. Daraus folgend ergibt sich auch sein günstiger Kaufpreis.
Ich, M… P… wohnhaft in B… K… S… bestätige dies durch meine Unterschrift.”
Am 15.11.1985 schlossen der Beteiligte zu 2) und Herr P… folgende Vereinbarung:
„Hiermit bestätige ich M… P… den Eheleuten G…, daß sie ihren Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag vom Notar K… eine ETW B… L… weg … nachgekommen sind. Der Kaufpreis ist in voller Höhe bezahlt.
Die Mängelfreiheit des gesamten Objekts wird von den Eheleuten G… bestätigt, somit bestehen gegenseitige Forderungen nicht mehr.”
In einem von dem Beteiligten zu 2) und Herrn P… unterzeichneten Übergabeprotokoll vom 8.1.1986 heißt es:
„Mit der bereits erfolgten Zahlung des notariellen Kaufpreises in Höhe von 68.000,– DM haben die Eheleute G… ihre Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag erfüllt. Die Eheleute G… bestätigen durch Unterschrift die Mängelfreiheit ihres Sondereigentums an dem o.g. Objekt.
Über die zur Zeit noch von mir zu erbringenden Bauleistungen wird nach endgültiger Fertigstellung des Objekts ein gesondertes Übergabeprotokoll erstellt.”
In einem durch Antrag der Beteiligten zu 3) und 5) vom 3.7.1986 eingeleiteten Beweissicherungsverfahren des Amtsgerichts … stattete der Sachverständige L… unter dem 28.10.1986 ein Gutachten, in dem er umfangreiche Mängel am Gemeinschafts- und – Sondereigentum feststellte und die Kosten für Restarbeiten, Mängelbeseitigung und Minderung auf 50.000,– bis 80.000,– DM schätzte.
In einer Eigentümerversammlung vom 19.9.1986 wurde mehrheitlich mit den Stimmen der Beteiligten zu 3) bis 6) folgender Beschluß gefaßt:
„1.
Die Behebung der in dem Beweissicherungsbeschluß des Amtsgerichts K… vom 11. Juli 1.986 – … – bezeichneten Fehler und Mängel, sowie auch alle anderen Arbeiten, soll nicht durch Herrn M… P…, K… S… Str. 8 in … B… vorgenommen werden.
Folgende Gründe sind dafür maßgeblich:
- unter dem 21. November 1985 ist Herr P… von den Eigentümern, …, und unter dem gleichen Datum von den Eheleuten … mit Frist zum 20.12.1985 unter Ablehnungsandrohung aufgefordert worden, die Mängel zu beseitigen;
- sie ...