Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafvollzug. Sicherungsmaßnahmen. Erledigung. Feststellungsinteresse
Leitsatz (amtlich)
Im Fall der Anordnung lang dauernder und erheblich zusätzlich freiheitsbeschränkender Sicherungsmaßnahmen (hier u.a. Unterbringung in einem Einzelhaftraum, häufigere Durchsuchung der Sachen und des Haftraumes, Freihaltung des Sichtspions, Kennzeichnung der Haftraumtür mit Schildern betreffend einen eingeschränkten Umschluss - nur im eigenen Haftraum mit max. 2 Mitgefangenen -, Ausschluss alleinigen Kontaktes zu weiblichen Bediensteten, eingeschränkter Arbeitseinsatz und Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen sowie keine unbeaufsichtigte Bewegungsfreiheit im Haftbereich für mehr als fünf Monate) liegt die Annahme eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs und ein damit verbundenes Rehabilitationsinteresse derart auf der Hand, dass es im Hinblick auf das Bestehen eines Feststellungsinteresses gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG keines gesonderten Vortrages bedarf.
Normenkette
StVollzG §§ 109, 115 Abs. 3; StVollzG NRW § 69
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 StVK 120/20) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen und der angefochtene Beschluss aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Betroffene verbüßt seit dem 04. September 2017 eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und Vergewaltigung eines Mitinhaftierten während der Untersuchungshaft in der JVA Aachen. Anschließend ist Sicherungsverwahrung notiert.
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23. Februar 2020 wandte der Betroffene sich gegen eine am 24. Januar 2020 erfolgte Anordnung verschiedener allgemeiner Sicherungsmaßnahmen (u.a. Unterbringung in einem Einzelhaftraum, häufigere Durchsuchung seiner Sachen und seines Haftraumes, Freihaltung des Sichtspions, Kennzeichnung der Haftraumtür mit Schildern betreffend einen eingeschränkten Umschluss - nur im eigenen Haftraum mit max. 2 Mitgefangenen - sowie einen Ausschluss alleinigen Kontaktes zu weiblichen Bediensteten, Arbeitseinsatz und Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen und Umschluss "nur unter Beteiligung von SI 9 oder AL3" sowie keine unbeaufsichtigte Bewegungsfreiheit im Haftbereich) vor dem Hintergrund seinerseits gegenüber einem Mitgefangenen vermeintlich geäußerter und vom ihm bestrittener sexueller Fantasien betreffend verschiedene weibliche Bedienstete der Justizvollzugsanstalt
Wegen der weiteren Einzelheiten zu den vermeintlichen Äußerungen, den angeordneten Maßnahmen sowie den hierzu vorgebrachten Erwägungen der Justizvollzugsanstalt wird insoweit Bezug genommen auf den zunächst in dieser Sache ergangenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 29. April 2020, mit welchem diese den Antrag des Betroffenen mit der Begründung zurückgewiesen hat, die angeordneten Maßnahmen seien gemäß § 69 Abs. 1 StVollzG Nordrhein-Westfalen gerechtfertigt gewesen.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der Senat die vorgenannte Entscheidung der Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 29. Juli 2020 aufgehoben, da die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung zu den nach Auffassung der JVA vor dem Hintergrund der von dem Betroffenen angeblich getätigten Äußerungen von ihm zu befürchtenden konkreten Handlungen und der daraus gegebenenfalls herzuleitenden Notwendigkeit einzelner Maßnahmen so unzureichend waren, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des §§ 116 Abs. 1 StVollzG seitens des Rechtsbeschwerdegerichts nicht überprüft werden konnte.
Zwischenzeitlich waren die gegen den Betroffenen gerichteten Sicherungsmaßnahmen (am 02. Juli 2020) bereits wieder aufgehoben worden. Der Betroffene hat daraufhin nach Zurückverweisung der Sache durch den Senat auf entsprechende Anfrage der Strafvollstreckungskammer die Hauptsache für erledigt erklärt und geltend gemacht, sein Begehren mit einem Feststellungsantrag weiter verfolgen zu wollen.
Diesen Antrag hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 04. Januar 2021 mit der Begründung zurückgewiesen, es sei kein Feststellungsinteresse ersichtlich, zu welchem der Betroffene zudem nichts dargelegt habe.
Gegen den vorgenannten Beschluss richtet sich die erneute Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 02. Februar 2021, mit welcher er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen erachtet die Rechtsbeschwerde mangels Vorliegens eines Zulassungsgrundes für unzulässig.
II.
Die gemäß § 118 StVollzG Bund form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da die Strafvollstreckungskammer die Anforderungen an die Annahme eines hinreichenden Feststellungsinteresses an einer Feststellung der Rechtswidrigkeit angeordneter Sicherungsmaßnahmen nach deren Erledigung und die Notwen...