Verfahrensgang

AG Hagen (Aktenzeichen 188 OWi - 200 Js 2053/202 - 04/20)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit Bußgeldbescheid der Stadt A vom 06.04.2020 wurde gegen den Betroffenen eine Geldbuße in 500 € sowie ein einmonatiges Fahrverbot unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub (§ 25 Abs. 2 a StVG) festgesetzt. Zum Tatvorwurf heißt es unter anderem:

"Sie führten das Kraftfahrzeug unter Wirkung des berauschenden Mittels (THC)"

Auf den hiergegen gerichteten Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Hauptverhandlung anberaumt. Im Hauptverhandlungstermin hat der Verteidiger den Einspruch auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.

Das Amtsgericht hat sodann den Betroffenen im angefochtenen Urteil wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels THC zu einer Geldbuße von 500 € verurteilt und Ratenzahlungen bewilligt. Zugleich hat es unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Hierbei ist es von der Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen.

Gegen dieses Urteil hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt und die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache (zumindest vorläufig) Erfolg.

1)

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam, wenn der Bußgeldbescheid - wie hier - keine Angaben dazu enthält, in welchen konkreten Konzentrationen berauschende Mittel im Blut des Betroffenen nachgewiesen worden sind (Senatsbeschluss vom 25.08.2020, 5 RBs 287/20; OLG Hamm NZV 2010, 270; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2016 - 2 Rbs 157/16, juris)

Zwar ist eine Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch nach § 67 Absatz 2 OWiG grundsätzlich zulässig. Voraussetzung ist aber das der Bußgeldbescheid eine hinreichende Grundlage für die Bußgeldbemessung darstellt. Unwirksam ist die Beschränkung, wenn die Tat im Bußgeldbescheid nicht hinreichend konkretisiert wird. Das ist hier der Fall.

Erforderlich ist für den Tatbestand des § 24a Absatz 2 Satz 2 StVG der Nachweis der betreffenden Substanz in einer Konzentration, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheinen lässt und damit die gesetzliche Vermutung rechtfertigt. Das ist nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft jedenfalls dann der Fall, wenn zumindest der in der Empfehlung der Grenzwertkommission vom 20.11.2002 empfohlene Nachweisgrenzwert erreicht ist (Senatsbeschluss vom 25.08.2020, 5 RBs 287/20; OLG Hamm NZV 2010, 270), der für THC (Cannabisprodukte) bei 1 ng/ml liegt (BGH BeckRS 2017, 105703; OLG Koblenz NStZ-RR 2005, 385; OLG Karlsruhe NZV 2011, 413; Euler, in: Beck'scherOK, Stand: 01.04.2021 § 24a StVG Rn. 7). Enthält der Bußgeldbescheid keine Angaben zu Konzentration der Substanz, lässt sich diesem nicht entnehmen, ob überhaupt von einer beeinträchtigenden Wirkung der im Blut des Betroffenen nachgewiesenen Mengen berauschender Mittel auf dessen Fahrtüchtigkeit ausgegangen werden kann, wie es die Annahme der Erfüllung des Tatbestandes des § 24a Absatz 2 StVG voraussetzt (Senatsbeschluss vom 25.08.2020, 5 RBs 287/20; OLG Hamm NZV 2010, 270). Die somit unzureichende Sachverhaltsdarstellung im Bußgeldbescheid kann keine genügende Grundlage für die Rechtsfolgenbemessung darstellen, mit der Folge, dass die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch nicht wirksam erfolgen kann (Senatsbeschluss vom 25.08.2020, 5 RBs 287/20; OLG Hamm NZV 2010, 270).

Der Bußgeldbescheid vom 06.04.2020 enthält vorliegend keine Angaben dazu, in welcher konkreten Konzentration THC im Blut des Betroffenen nachgewiesen worden ist, so dass die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam war.

2)

Aufgrund der unwirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch war das Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Hagen zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15585992

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