Leitsatz (amtlich)
Auslegung einer Vereinbarung in einem Übernahmevertrag, durch den ein Abkömmling erklärt, er sei nach dem Erhalt einer Geldbetrages "vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden" als Erbverzicht.
Normenkette
BGB §§ 133, 2346
Verfahrensgang
AG Kamen (Beschluss vom 30.01.2014; Aktenzeichen 8 VI 614/13) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 1) vom 28.11.2013 auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben ausweist, erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten für die Beschwerdeinstanz findet nicht statt.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die aus der Ehe der Eheleute L und G hervorgegangenen Kinder.
Die Eheleute waren zu je ½ Anteil Eigentümer eines Hausgrundstücks (Grundbuch von C Blatt ...). Dieses Grundstück war mit einem Erbbaurecht belastet, dessen alleiniger Inhaber der Ehemann war (Grundbuch von C Blatt ...1).
Am 16.2.1991 verstarb zunächst der Ehemann L, ohne eine letztwillige Verfügung zu hinterlassen. Die am ... 1960 geborene Beteiligte zu 2) lebte damals bereits mit Ehemann und Kind in einem eigenen Haushalt. Der am ... 1972 geborene Beteiligte zu 1) lebte noch im elterlichen Haushalt und absolvierte eine Ausbildung zum Meß- und Regelmechaniker.
In ihrem Erbscheinsantrag vom 17.4.1991 gab die Ehefrau den Wert des Nachlasses des L mit 220.000 DM an, wobei 90.000 DM auf das Erbbaurecht, 30.000 DM auf den Miteigentumsanteil und 100.000 DM auf dessen Sparvermögen entfielen (AG Kamen 8 VI 103/91).
Am 27.6.1991 wurde antragsgemäß ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, der die Ehefrau zu ½ Anteil und die Beteiligten zu 1) und 2) zu je ¼ Anteil als Miterben auswies.
Am 16.11.1991 schlossen Frau G (nachfolgend als Erblasserin bezeichnet) und die Beteiligten zu 1) und 2) vor dem Notar H in C einen als "Erbauseinandersetzungsvertrag" bezeichneten notariellen Vertrag (UR-Nr. 220/1991).
Nach dem Wortlaut des notariellen Vertrags übertrug die Beteiligte zu 2) ihre durch die Erbschaft nach ihrem Vater erlangten Anteile an dem Grundeigentum und an dem Erbbaurecht auf den Beteiligten zu 1). Die Erblasserin übertrug ihren durch die Erbschaft nach ihrem Ehemann erlangten Anteil an dem Grundeigentum auf den Beteiligten zu 1).
Unter § 4 des notariellen Vertrags heißt es:
Der Erschienene zu 2) - der hiesige Beteiligte zu 1) - ist verpflichtet für die Übertragung des Erbanteils seiner Schwester einen Betrag von insgesamt 100.000 DM zu zahlen. Von diesem Betrag erhält die Erschienene zu 3) - die hiesige Beteiligte zu 2) - selbst 90.000 DM. Die restlichen 10.000 DM erhält der Enkel der Erschienen zu 1) - die hiesige Erblasserin - D.
Die Beträge sind bis zum 31.12.1991 zur Zahlung fällig. Beträge, die nach die- sem Tage gezahlt werden, sind mit 5 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zur Zahlung fällig.
Die Erschienene zu 3) - die hiesige Beteiligte zu 2) - erklärt, dass sie mit dem Empfang des Betrages von 90.000 DM und der nachgewiesenen Zahlung des Betrages von 10.000 DM vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden sei.
In § 5 des notariellen Vertrages verpflichtete sich die Erblasserin gegenüber dem Beteiligten zu 1) zur zukünftigen Übertragung der ihr zustehenden Anteile am Eigentum und Erbbaurecht bei Einräumung eines Altenteilrechts (Wohnrecht).
Die in § 5 beurkundete Verpflichtung setzten die Erblasserin und der Beteiligte zu 1) in der notariellen Urkunde des Notars Dr. C2 in X vom 16.3.2007 um (UR-Nr. 152/2007).
Am 3.11.2013 verstarb die Erlasserin, ohne eine letztwillige Verfügung zu hinterlassen.
Am 28.11.2013 hat der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben nach der Erblasserin ausweist. Zur Begründung hat er angeführt, dass die Beteiligte zu 2) in der notariellen Urkunde vom 16.11.1991 auf ihr Erbrecht nach der Erblasserin verzichtet habe.
Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegen getreten und vertritt die Ansicht, dass sie keinen Erbverzicht nach ihrer Mutter erklärt habe. Der notarielle Vertrag vom 16.11.1991 habe nur der Regelung des Nachlasses nach ihrem Vater gedient.
Mit Beschluss vom 31.1.2014 hat das AG - Rechtspflegerin - den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, dass es an einem Vertrag mit der Erblasserin fehle, in der die Beteiligte zu 2) auf ihr Erbrecht verzichte.
Gegen diesen dem Beteiligten zu 1) am 4.2.2014 zugestellten Beschluss richtet sich dessen Beschwerde vom 13.2.2014, die am 14.2.2014 beim AG eingegangen ist.
Mit Beschluss vom 17.2.2014 hat das AG der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
In der Sache führt sie in Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses zu dem im Tenor ...