Entscheidungsstichwort (Thema)
Horizontale Teilrechtskraft. Nichtbeachtung durch Berufungsgericht. Schuldspruchänderung
Leitsatz (amtlich)
Bei wirksamer Beschränkung der Berufung ist eine Änderung des Schuldspruches durch das Berufungsgericht ausgeschlossen.
Normenkette
StPO §§ 318, 327; StGB § 142; StVG § 21
Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 47 Ns 91/15) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit der klarstellenden Maßgabe, dass der Angeklagte wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort und in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier Fällen sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit unterlassener Hilfeleistung verurteilt ist, im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Nebenkläger, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht -Schöffengericht - Iserlohn hat den Angeklagten durch Urteil vom 13. Mai 2015 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort und in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier Fällen sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit unterlassener Hilfeleistung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat das Amtsgericht eine Sperrfrist für die Neuerteilung des Führerscheins von drei Jahren verhängt. Auf die durch den Angeklagten und die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Berufung, die beide Seiten auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt haben, hat das Landgericht Hagen mit Urteil vom 17. Januar 2017 das Urteil des Amtsgerichts Iserlohn aufgehoben und dahingehend neu gefasst, dass es den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt hat. Zudem hat das Landgericht eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Im Übrigen hat das Landgericht die Berufungen verworfen.
Gegen dieses dem Verteidiger des Angeklagten am 10. Februar 2017 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit bei dem Landgericht Hagen am 18. Januar 2017 eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom selben Tage Revision eingelegt und diese mit weiterem, bei dem Landgericht Hagen am 10. März 2017 eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom 09. März 2017 mit den Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Verteidigers vom 09. März 2017 Bezug genommen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat mit Stellungnahme vom 07. Juni 2017 beantragt wie erkannt.
Der Angeklagte bzw. sein Verteidiger hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
1.
Die zulässige Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit klarstellender Tenorierung und zur Zurückverweisung der Sache nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO.
Das Landgericht ist zutreffend von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die erfolgte Verurteilung. Die Beschränkung der durch den Angeklagten und die Staatsanwaltschaft eingelegten Berufung war auch wirksam ungeachtet einer durch das Landgericht angenommenen fehlerhaften Beurteilung des gegebenen Konkurrenzverhältnisses der einzelnen Taten bzw. der Bejahung einer unterlassenen Hilfeleistung.
Eine Beschränkung der Berufung ist dann nicht möglich, wenn die Feststellungen zur Tat knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, so dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden können (vgl. Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 318 Rdn. 16). Auch wenn ein Konkurrenzverhältnis nicht bestimmt ist, ist eine Beschränkung ausgeschlossen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17. März 2015, - Az. 1 RVs 247/14 - ). Hat das Amtsgericht hingegen das geltende Recht nur falsch angewendet, z.B. fehlerhaft Tatmehrheit statt Tateinheit angenommen, ist die Beschränkung auf das Strafmaß dennoch wirksam (vgl. Meyer-Goßner / Schmitt a.a.O., Rdn. 17a; BGH, NStZ-RR 1996, 267; Beschluss des hiesigen 3. Strafsenats vom 08. Juni 2010, - Az. 3 RVs 43/10 -; Beschluss des hiesigen 2. Strafsenats vom 24. Januar 2008, - Az. 2 Ss 4/08 -; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. November 2003, - Az. 1 Ss 291/0...