Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 5 T 68/23) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um den Ansatz einer Dokumentenpauschale nach Nr. 700 Ziff. 1. b) KV GvKostG.
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren notariellen Kostenrechnungen vom 28.03.2022. Über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) beantragte sie am 19.07.2022 den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) gegen den Schuldner. Diesen erließ das Vollstreckungsgericht am 16.08.2022 (43 M 809/22 AG Arnsberg) und übersandte ihn auf Antrag der Gläubigerin mit gerichtlicher Verfügung vom 18.08.2022 an die Beschwerdegegnerin zur Veranlassung der Zustellung an die Drittschuldnerin (§ 192 ZPO). Diese fertigte zwei Ausdrucke/Abschriften des aus acht Seiten bestehenden PfÜB, beglaubigte diese und stellte sie an die Drittschuldnerin persönlich und an den Schuldner per Post zu (§ 193 I 3 ZPO).
In ihrem Kostenansatz vom 28.08.2022 (DR I 161/22) berücksichtigte die Beschwerdegegnerin die von ihr gefertigten 16 Kopien mit einer Dokumentenpauschale nach Nr. 700 Ziff. 1. b) KV GvKostG in Höhe von 8,00 EUR.
Gegen diesen Kostenansatz hat die Beschwerdeführerin Erinnerung erhoben, weil der Ansatz der Dokumentenpauschale zu Unrecht erfolgt sei. Denn die weitere Voraussetzung für deren Ansatz, dass der Auftraggeber es unterlassen habe, die erforderliche Anzahl von Mehrfertigungen beizufügen, sei nicht erfüllt. Seit dem 01.01.2022 seien Rechtsanwälte gem. § 130d S. 1 ZPO verpflichtet, sämtliche Anträge - somit auch Anträge auf Erlass eines PfÜB - als elektronisches Dokument zu übermitteln. Gem. § 133 I 2 ZPO und § 193 I 1 Nr. 2 und S. 3 ZPO bedürfe es bei der Einreichung von Anträgen und Zustellungsaufträgen als elektronisches Dokument der Beifügung von Abschriften nicht, sodass im vorliegenden Verfahren die Voraussetzungen von Nr. 700 Ziff. 1 b) KV GvKostG nicht erfüllt seien, die angesetzte Dokumentenpauschale also nicht entstanden sei.
Die Beschwerdegegnerin ist dem entgegengetreten. Für den Ansatz der Pauschale nach Nr. 700 KV GvKostG sei nicht relevant, ob Anträge auf Erlass eines PfÜB elektronisch gestellt würden. Rechtsanwälte stellten diese Anträge beim Gericht, welches diesen erlasse. Die fehlenden beglaubigten Abschriften dieses Beschlusses fertige der Gerichtsvollzieher selbst an, sodass maßgebend sei, wie die erlassenen Beschlüsse bei diesem eingingen. Im Übrigen gelte der § 130d ZPO nur für Rechtsanwälte und Behörden, sodass bei Aufträgen von Inkassobüros ebenfalls die Kosten angesetzt würden. Damit sei klargestellt, dass § 130d ZPO nicht mit dem Ansatz der KV 700 GvKostG in Verbindung zu setzen sei.
Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin handele es sich bei den nach § 193 I 3 ZPO vom Gerichtsvollzieher zu fertigenden Abschriften ebenfalls um Ausdrucke, die gefertigt würden, "weil der Auftraggeber es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen", also um einen klaren Anwendungsfall der Nr. 700 Ziff. 1. b) KV GvKostG. Dass der Gläubiger nicht verpflichtet sei, bei elektronischer Übermittlung Abschriften beizufügen, es sich also nicht um ein vorwerfbares Unterlassen handele, sei unerheblich. Es stehe dem Gläubiger frei, den "Service des Gerichtsvollziehers" nach § 193 I 3 ZPO in Anspruch zu nehmen. Mit der Dokumentenpauschale solle lediglich der dadurch entstehende Aufwand abgegolten werden. Der Ansatz der Dokumentenpauschale sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gerichtsvollzieher die Ausdrucke von Amts wegen zu fertigen habe, denn der Ansatz der Dokumentenpauschale sei nach dem Gesetz für diesen Fall nicht ausgeschlossen.
Die Tatsache, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei elektronisch eingereichten Schriftstücken der Auslagentatbestand nach Nr. 9000 Ziff. 1 KV GKG nicht erfüllt sein solle (BT-Drs.15/4067, S. 31), habe keinen Einfluss auf den Auslagentatbestand nach Nr. 700 Ziff. 1. b) KV GvKostG. Die Ausführungen in der zitierten BT-Drucksache bezögen sich auf § 133 ZPO, welcher das Erkenntnisverfahren betreffe, in dem nach § 130d ZPO eine weitgehende Verpflichtung zur elektronischen Einreichung von Anträgen bestehe. Eine solche sei jedoch bei Parteizustellungen betreffenden Aufträgen gemäß § 193 ZPO gerade nicht gegeben.
Der Gläubiger werde durch den Ansatz der Dokumentenpauschale auch nicht unangemessen benachteiligt, weil er diesen ohne Weiteres verhindern könne, indem er sich den PfÜB vom Vollstreckungsgericht übersenden lassen, die erforderlichen Abschriften selbst herstellen und diese dem Gerichtsvollzieher zur Zustellung übermitteln könne. Umgekehrt würden Gerichtsvollzieher im Hinblick auf die Verpflichtung, die Ausdruck bei elektronisch übermittelten Dokumenten nach § 193 I 3 ZPO selbst herstellen zu müssen, erheblich zusätzlich wirtschaftlich belastet. Insofern liege zumindest eine planwi...